28. April 2024 – dpa
Vor drei Jahren wird bekannt, dass Mitglieder einer LKA-Spezialeinheit Munition entwendet haben. Das Schießtraining in Mecklenburg-Vorpommern hat auch ein juristisches Nachspiel - mit Brisanz.
Der Prozess wegen eines Munitionsskandals im Landeskriminalamt Sachsen (LKA) am Landgericht Dresden findet hinter verschlossenen Türen statt. Beim Auftakt am Montag ist die Öffentlichkeit «bis auf Weiteres» ausgeschlossen worden, noch vor Anklageverlesung. Die Strafkammer kam mit dem entsprechenden Beschluss den Anträgen zweier Verteidiger und auch der Generalstaatsanwaltschaft Dresden nach. Sie sieht die öffentliche Ordnung und Sicherheit des Staates gefährdet, wenn Methoden und Einrichtungen zur Aufklärung strafbarer Handlungen «an einen Täterkreis» gelangen könnten, die Maßnahmen der Sicherheit und Verbrechensbekämpfung sowie deren Wirksamkeit künftig infrage stellten, sagte der Vorsitzende Richter. Er sprach zudem von einer Gefährdung von Leben, Leib oder Gesundheit von Beschuldigten.
In dem Prozess müssen sich drei ehemalige Mitglieder des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) Dresden wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Diebstahl sowie unerlaubtem Erwerb und Besitz von genehmigungspflichtiger Munition verantworten. Im Frühjahr 2021 war bekannt geworden, dass ein Einsatzkommando des LKA im Herbst 2018 ohne Erlaubnis an einem Schießtraining auf einem privaten Schießplatz in Güstrow teilnahm und dafür mit mindestens 7000 Schuss Munition aus eigenen Beständen bezahlte. Weitere rund 7500 Schuss wurden entwendet, um das Schießtraining zu absolvieren. 17 Beamte waren betroffen. Die drei jetzt Angeklagten gelten als Hauptbeschuldigte und sind bis heute vom Dienst suspendiert. Der Rest wurde in andere Dienststellen versetzt. Das Kommando wurde aufgelöst und befindet sich im Neuaufbau.
Schon Teile der Anklage beträfen Umstände, Organisation, Taktik und Ausrüstung, sagte der Vorsitzende Richter. Als Verschlusssache eingestufte Teile des Verfahrens wären allen Anwesenden im Gerichtsaal sowie durch Medienberichte Jedermann und womöglich im Internet zugänglich, was die künftige Verbrechensbekämpfung erschwere. Und da die Sondereinsatzkommandos im Grundsatz gleich organisiert seien, beträfe eine Offenlegung von Organisation, Taktik und Ausrüstung des MEK Sachsen auch andere Bundesländer und die Bundesrepublik Deutschland. «Hier überwiegt ausnahmsweise der Schutz der öffentlichen Ordnung das hohe öffentliche Interesse», sagte der Vorsitzende Richter. Er verwies zudem auf ein Schreiben des LKA vom 20.3., in dem auf die Möglichkeit eines Angriffs auf zwei der drei Angeklagten Bezug genommen werde.
Auf Betreiben des Innenministeriums hatte den Fall damals eine Expertenkommission untersucht. Sie stellte gravierende Mängel in der Organisationsstruktur und der Dienstaufsicht fest, die die Sache begünstigten. Kontakte der Beamten zur rechtsextremen Szene bestätigten sich nicht. Die Schießanlage in Güstrow war bei Ermittlungen gegen die Gruppe «Nordkreuz» in den Fokus geraten - dahinter verbirgt sich eine mutmaßlich rechtsextreme Prepper-Gruppierung.
Der Prozess gegen die drei vom Dienst suspendierten Beamten sollte ursprünglich im März beginnen, war aber verschoben worden, nach Gerichtsangaben wegen «interner Gründe». Bis November sind insgesamt 42 Verhandlungstage angesetzt.