14. Oktober 2025 – dpa

Angespannte Haushaltslage

Schwarz-Grün will nach Urteil umschulden

Mit einem zweiten Nachtragshaushalt reagiert die Landesregierung auf ein Verfassungsgerichtsurteil. Gleich drei Notkredite aus 2024 will die Koalition umbuchen. Worum es geht.

Mit einem weiteren Nachtragshaushalt will Schleswig-Holsteins Koalition vom Landesverfassungsgericht für nichtig erklärte Notkredite aus dem vergangenen Jahr vollständig ablösen. Das schwarz-grüne Kabinett beschloss einen entsprechenden zweiten Nachtragshaushalt für 2025. «Dafür nehmen wir neue Kredite auf; anders ist diese schnelle Ablösung des ehemaligen Notkredits 2024 nicht möglich», berichtete Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) nach einer Kabinettssitzung.

Mitte April hatten die Richter in Schleswig den Etat 2024 für verfassungswidrig erklärt. Die Feststellung eines Haushaltsplans sei nichtig, sofern darin eine Ermächtigung zur Aufnahme von Notkrediten enthalten sei. Zudem habe kein verfassungsgemäßer Tilgungsplan vorgelegen. Die gleich drei Notkredite in Höhe von zusammen 492 Millionen Euro waren mit der Sturmflut an der Ostseeküste im Oktober 2023, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der Corona-Pandemie begründet worden.

Hilfreich sind angesichts der angespannten Haushaltslage des Landes die neuen Optionen zur sogenannten strukturellen Neuverschuldung. Schneider plant, zusätzlich 521,5 Millionen Euro neue Schulden zu machen. Das geht allerdings erst, nachdem der Bundesrat dafür den Weg frei gemacht hat. Das ist für Freitag vorgesehen. Über den Nachtragstetat soll der Landtag dann im November beraten.

Die Nettokreditaufnahme im Haushalt 2025 wird mit dem Nachtrag um 38,5 auf rund 675 Millionen Euro steigen. Weg fällt mit dem Nachtrag eine Ermächtigung, für die ursprünglich geplante Förderung von 136,4 Millionen Euro für den insolventen Batteriehersteller Northvolt weitere Schulden zu machen.

Mehr als fünf Millionen Euro stellt die Koalition der Polizei für ein Konzept zur Drohnenabwehr bereit. «Die zunehmende Bedrohung durch Drohnen und die wachsende Zahl an Sichtungen zeigen deutlich: Schleswig-Holstein muss jetzt in moderne Drohnenabwehr investieren, um kritische Infrastruktur zu schützen, die öffentliche Sicherheit zu stärken und im Ernstfall schnell reagieren zu können», sagte Schneider.

Mehrausgaben drohen vor allem bei den Sozialausgaben. Die größten Posten sind Kostenerstattungen für Träger der Jugendhilfe für unbegleitete Minderjährige (30 Millionen Euro), für die Eingliederungshilfe (129,2 Millionen Euro) sowie der Sozialhilfe an die Kommunen (13,3 Millionen Euro).

Demgegenüber entlasten die Ministerien den Haushalt durch niedrigere Bedarfe als geplant und Einnahmeerhöhungen um 98 Millionen Euro. Die erwarteten Mehrausgaben für Personal fallen zudem um 48,3 Millionen Euro niedriger als bislang angenommen. Nötig bleibt letztlich eine globale Minderausgabe in Höhe von 55,1 Millionen Euro. «Die Ausgaben sind in einigen Bereichen wie der Eingliederungshilfe und Sozialhilfe zwar deutlich gestiegen. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass zum Ende des Jahres nicht alle geplanten Ausgaben in voller Höhe umgesetzt werden», sagte Schneider.

Die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies kritisierte, die Folgen des Verfassungsbruchs seien real. «Die Landesregierung muss einen großen Teil der Spielräume in 2025, die durch die Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse frei werden, zur Tilgung der Notkredite einsetzen.» So verpufften Impulse, die durch die Neuverschuldungsmöglichkeit ausgelöst werden sollten. «Am Ende werden Schulden mit Schulden getilgt.»

Ihre FDP-Kollegin Annabell Krämer erklärte, wenn Schwarz-Grün in der Vergangenheit besser gewirtschaftet hätte, würde das Land nicht in einem tiefen Schuldenloch sitzen. Durch die faktische Abschaffung der Schuldenbremse beschließe die Landesregierung bereits mit dem Haushaltsentwurf 2026 und dem Nachtrag insgesamt über eine Milliarde Euro strukturelle Neuverschuldung. Dem Bündnis komme die fragwürdige Praxis der schuldenfinanzierten Rücklagenbildung zugute: «Denn plötzlich werden dreistellige Millionenbeträge überhaupt nicht benötigt und dafür genutzt, die noch darüber hinausgehende Haushaltslücke zu schließen.»

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