07. Februar 2023 – dpa
«Bürger*innen» und «Wähler:innen»: Wer die die Gendersprache von Behörden nicht mag, kann in Hamburg jetzt seine Ablehnung bekunden. Eine Volksinitiative sammelt Unterschriften unter anderem gegen das Sternchen.
«Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung» - für diese Forderung werden in Hamburg jetzt Unterschriften gesammelt. Eine Volksinitiative hat am Dienstag ihr Anliegen offiziell im Rathaus angemeldet. «Wir haben 300 Unterstützer, die jetzt in Hamburg mit Unterschriftenlisten loslaufen und sammeln, und täglich werden es mehr», sagte die Sprecherin der Initiative, Sabine Mertens. Die Autorin und Kunsttherapeutin gehört dem Bundesvorstand des Vereins Deutsche Sprache an und ist zudem Mitglied im Verein Mehr Demokratie.
Nach dem Willen der Volksinitiative sollen die Hamburger Verwaltung, Bildungseinrichtungen und städtische Unternehmen verpflichtet werden, sich an die Regeln des Rats für deutsche Rechtschreibung zu halten. Auf Gendersternchen und Doppelpunkte in Wörtern sowie die Verwendung von Partizip-Präsens-Ausdrücken wie «Antragstellende» für «Antragsteller» solle verzichtet werden. Die deutsche Sprache unterscheide eindeutig zwischen biologischem und grammatischem Geschlecht und sei von jeher inklusiv, heißt es in einer Erklärung der Initiative. Die Gendersprache sei dagegen diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen.
Wenn innerhalb von sechs Monaten mindestens 10.000 Wahlberechtigte die Erklärung unterschreiben, muss sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen befassen.
Der Senat verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017, wonach das Grundgesetz auch diejenigen vor Diskriminierungen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Vor diesem Hintergrund böten die Hinweise der Gleichstellungsbehörde vom 15. Juni 2021 für alle Mitarbeitende die freiwillige individuelle Möglichkeit, geschlechtersensible Sprache zu verwenden, erklärte der Senat in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Sami Musa.
Der Leitfaden der Gleichstellungsbehörde beruft sich allerdings auf einen sehr viel älteren Senatsbeschluss von 1995, demzufolge der Grundsatz der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu beachten sei. Wie weit sich Ämter, Schulen und städtische Unternehmen an die Empfehlungen halten, konnte die stellvertretende Senatssprecherin, Julia Offen, nicht sagen. Es gebe kein Monitoring.
Die Hamburger CDU erklärte ihre Unterstützung für die Initiative. «Es sollte selbstverständlich sein, dass unsere Kinder in der Schule die offizielle deutsche Rechtschreibung lernen», sagte CDU-Landeschef Christoph Ploß. «Die ideologische Gendersprache spaltet die Gesellschaft und hat an staatlichen Einrichtungen nichts zu suchen», betonte Ploß.
Der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate, der nach Angaben der Initiatoren zu den Unterstützern des Volksinitiative gehört, sagte laut einer Pressemitteilung: «Die sogenannte Gendersprache ist versuchte Nötigung.» Sprache sei ein kulturelles Gemeingut und entwickle sich organisch weiter. «Linguistische Eingriffe mittels massiver Propaganda hingegen sind Kennzeichen totalitärer Systeme und haben in einer demokratischen Gesellschaft keinen Platz.»
Mertens betonte, dass die Volksinitiative politisch nicht am rechten Rand stehe. «Genderverfechter sind mutwillig aus der Sprachgemeinschaft ausgestiegen. Das heißt, sie sind eigentlich in hohem Rechtfertigungsdruck, warum sie einseitig die Regeln aufkündigen und nicht mehr beachten wollen», erklärte die Sprecherin der Volksinitiative und fügte hinzu: «Rein praktisch ist es aber so, dass wir verleumdet werden als rechtsradikal oder fremdenfeindlich oder gender-queerfeindlich.»