23. November 2025 – dpa
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern hat vor der Landtagswahl 2026 die Staatskanzlei fest im Visier und träumt vom Alleingang. Ein Wissenschaftler traut der SPD aber durchaus Erfolge zu.
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern hofft rund zehn Monate vor der Landtagswahl auf einen erfolgreichen Weg in Regierungsverantwortung. «Wir wollen die Alleinregierung in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist unser großes Ziel», sagte Co-Landeschef Leif-Erik Holm beim Landesparteitag in Demmin. Zuvor hatten fast alle der anwesenden 250 Delegierten für den 55-jährigen Bundestagsabgeordneten als Ministerpräsidentenkandidaten gestimmt. Es gab nur wenige Enthaltungen.
Co-Landeschef Enrico Schult hatte die Anwesenden eingangs auf einen Zweikampf mit der SPD der amtierenden Ministerpräsidentin, Manuela Schwesig, eingestimmt. Die CDU sei mittlerweile gar nicht der politische Hauptgegner. «Der politische Hauptgegner bleibt die SPD.» Es sei Zeit, die seit 27 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern regierenden Sozialdemokraten abzulösen. «Wir wollen als AfD die absolute Mehrheit anstreben.»
Eine Umfrage von Ende September sah die AfD in MV bei 38 Prozent - mehr als eine Verdopplung im Vergleich zur Landtagswahl 2021. Die SPD war mit 19 Prozent demnach in der Wählergunst nur noch halb so stark wie bei der vergangenen Wahl. Die Union verharrte laut der Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR bei 13 Prozent und damit auf dem historisch niedrigen Wahlergebnis vom Herbst 2021.
Der Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno hält es nach eigener Aussage für unwahrscheinlich, dass die AfD die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag erreicht. Wenn Parteien wie FDP, Grüne und BSW aber etliche Prozentpunkte holten, schlussendlich aber an der Fünfprozenthürde scheiterten, reichten der AfD unter Umständen 40 Prozent der Stimmen für eine absolute Mehrheit im Landesparlament.
«Wie gut die AfD abschneiden wird, lässt sich noch nicht sagen, Umfragen sind keine Wahlergebnisse», erinnerte Muno. «Dass sie zulegen wird, davon ist auszugehen, ob sie stärkste Partei werden wird, ist noch nicht ganz klar, aktuell sehen die Umfragen danach aus.» Der AfD fehlen laut Muno aber willige Koalitionspartner. Die CDU etwa müsste als Juniorpartner in ein solches Bündnis gehen. Als Steigbügelhalter für diese rechte Partei zu fungieren, dürfte aber vielen CDU-Anhängern im Land und auch der Bundes-CDU nicht gefallen, so die Einschätzung des Wissenschaftlers.
Laut Muno ist die SPD längst nicht abgeschrieben. «Schwesig und die SPD standen schon häufiger schlecht da, haben dann aber noch einen beachtlichen Wahlkampfendspurt gemacht und deutlich gewonnen.» Das könnte wieder passieren. «Zumal Schwesig ganz klar die Parole "Ich oder die AfD" ausgeben wird. Das und der Amtsinhaberbonus, das könnte noch einmal reichen.»
Die Wahl werde «möglicherweise eine Wegscheide, wie sich die Demokratie 36 Jahre nach der Einheit und der ersten frei gewählten Landesregierung in MV entwickeln wird».
Co-Landeschef Holm verspricht sich auch von der zwei Wochen vorher stattfindenden Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Rückenwind für MV. In Sachsen-Anhalt sah eine Umfrage die AfD zuletzt bei 40 Prozent. Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Ministerpräsident kündigte der studierte Volkswirt und ehemaliger Radiomoderator die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages an. Er verband diese Ankündigung mit Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Holm kritisierte zudem die Finanzpolitik der rot-roten Regierungskoalition in Schwerin. «Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen, damit es besser wird für alle.» So müsse etwa beim Personal in der Landesverwaltung gespart werden.
Schult schrieb der AfD in MV «eine restriktive Asylpolitik, die die Menschen konsequent zurückführt» auf die Fahnen, kritisierte einen aus seiner Sicht «törichten Windkraftwahn» und forderte für die Bildung einen stärkeren Fokus auf «Fachwissen, statt immer mehr politische Bildung».
Der Landesverband sieht sich auch durch den Zulauf neuer Mitglieder gestärkt. Innerhalb eines Jahres habe sich deren Zahl um 1.000 auf aktuell 2.600 erhöht. Das bringe auch mehr Geld ein. Fast eine Million Euro will die Partei kommendes Jahr in den Wahlkampf investieren.
Holm und Schult wurden in Demmin mehrheitlich als Co-Landeschefs bestätigt. Holm kam dabei auf 196 Ja- und 48 Nein-Stimmen, Schult auf 179 Ja- und 55 Nein-Stimmen. Zudem wählten die Delegierten den Landtagsabgeordneten Thore Stein und den Vorsitzenden des Kreisverbandes Vorpommern-Rügen, Michael Kasch, als ersten beziehungsweise zweiten stellvertretenden Landessprecher und vergrößerten damit den Landesvorstand.
In der Vergangenheit hatte es Unstimmigkeit über die Aufstellung der Spitze für die Landtagswahl gegeben. Zunächst hatte sich der Landesvorstand für den Landtagsabgeordneten Schult als Spitzenkandidat ausgesprochen. Zuletzt hatten sich die Verantwortlichen dann darauf geeinigt, dass Holm Ministerpräsidentenkandidat wird, sich Schult aber um den Listenplatz 1 der Landesliste bewirbt. Die Landesliste soll Ende Januar bei einer weiteren Zusammenkunft aufgestellt werden.
Holm will nach eigener Aussage auf einen Platz auf der Landesliste verzichten und setzt ganz auf den Gewinn des Direktmandats im Schweriner Wahlkreis von Schwesig. Dies sei kein einfacher Wahlkreis, aber wenn die AfD Schwesig in ihrem eigenen Wahlkreis schlage, werde die Partei in Schwerin auch die Landesregierung anführen, sagte er.