16. September 2025 – dpa

Autoindustrie

Debatte um E-Auto-Ausbau – Sorge um Standorte im Osten

Jobrisiken im Osten und ein möglicher Kurswechsel beim Verbrenner-Aus - die IG-Metall-Konferenz in Chemnitz zeigt, wie groß die Verunsicherung in der Autoindustrie derzeit ist.

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Die IG Metall warnt auf ihrer Automobilkonferenz vor einem dramatischen Rückschlag für den Osten (Archivbild)

Dass Deutschland beim Ausbau der Elektromobilität hinterherhinkt, ist nichts Neues. Welche Folgen das für die ostdeutsche Autoindustrie und ihre Beschäftigten haben könnte, stand am Dienstag im Mittelpunkt einer Konferenz der IG Metall in Chemnitz. Gewerkschaft und Politik warnten dort vor den Risiken für Arbeitsplätze - und mahnten sowohl Tempo als auch Realismus an.

Die IG Metall forderte klare Investitionen der Hersteller und verbindliche Zusagen für Standorte. «Elektromobilität ist die Mobilität der Zukunft und gerade in Ostdeutschland eine zentrale Industrie», sagte die Gewerkschaftsvorsitzende Christiane Benner. Daran hingen zigtausende Arbeitsplätze bei Herstellern und Zulieferern. «Einigen steht das Wasser bis zum Hals», so Benner. Politik und Unternehmen müssten handeln. «Auf politischer Ebene muss hier viel passieren – die Unternehmen dürfen sich aber nicht darauf verlassen, sondern müssen selber endlich loslegen.»

IG-Metall-Bezirksleiter Jan Otto warnte vor einer «zweiten De-Industrialisierung im Osten». Ostdeutschland habe sich mit der Ansiedlung neuer Werke eine starke Stellung erarbeitet, die nun nicht gefährdet werden dürfe. Von den Unternehmen verlangte er verbindliche Zusagen für Standorte und Beschäftigung. Auch die Bundesregierung müsse liefern: Kaufanreize für Elektroautos müssten rasch umgesetzt werden.

Die Konferenz fiel in eine Zeit, in der das geplante EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 erneut für heftige Diskussionen sorgt. Mehrere Unionspolitiker - darunter CDU-Fraktionschef Jens Spahn, CSU-Chef Markus Söder und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) - hatten zuletzt gefordert, den Beschluss aufzuweichen oder ganz zurückzunehmen. Auch EVP-Chef Manfred Weber kündigte neulich an, den Beschluss in Brüssel zurücknehmen zu wollen.

Gegenwind gibt es hingegen aus der Branche selbst. Audi-Chef Gernot Döllner bezeichnete die Debatte um den Verbrenner vergangene Woche als «kontraproduktiv». Statt ständig über ein Ende des Ausstiegs zu diskutieren, müsse man die Vorteile des E-Autos stärker betonen. «Ich kenne keine bessere Technik als das Elektroauto, um in den nächsten Jahren bei der CO2-Reduzierung im Verkehr voranzukommen», sagte er.

Zum Auftakt der Chemnitzer Konferenz hielt Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) ein Grußwort. Darin machte er deutlich, dass er den Ausstieg aus dem Verbrenner grundsätzlich unterstützt - über das konkrete Ausstiegsdatum könne man aber sprechen. «Wir dürfen dabei jedoch keine Zweifel an der Grundsatzentscheidung zulassen», sagte er. Die Transformation müsse «konsequent, aber realistisch» erfolgen. Sachsen sei weit gekommen. In der Debatte solle man technologieoffen und pragmatisch bleiben. «Denn wozu es nicht kommen darf, ist, dass wir am Ende von chinesischen Herstellern abhängig sind», so Panter. Beschäftigte und Unternehmen bräuchten Planbarkeit.

Der Minister betonte, dass Investitionen in die Elektromobilität - etwa am Standort Zwickau - nicht entwertet werden dürften. Wichtig seien außerdem wettbewerbsfähige Energiepreise sowie der schnellere Ausbau von Stromnetzen und Ladeinfrastruktur. Als Beispiel nannte er Social Leasing, wie es in Frankreich erfolgreich erprobt wurde. Attraktive Leasingangebote könnten E-Autos für mehr Menschen erschwinglich machen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind in Sachsen rund 780 Unternehmen mit etwa 100.000 Beschäftigten in der Automobilbranche tätig. 40 Prozent aller vollelektrischen Autos, die in Deutschland produziert werden, stammen aus dem Freistaat.

Die EU will ab 2035 nur noch Neuwagen zulassen, die keine CO2-Emissionen verursachen. Bereits zugelassene Autos können weiter genutzt und als Gebrauchtwagen verkauft werden.

Zur Konferenz unter dem Motto «Für sichere Arbeit in der Autoindustrie» hatte die IG Metall eingeladen. Neben Gewerkschaftern und Politikern diskutierten dort auch Betriebsräte und Wissenschaftler über den künftigen Kurs der ostdeutschen Autoindustrie.

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