27. Oktober 2025 – dpa

Katholische Kirche

Aufarbeitung von Missbrauch: Kommission sieht weiter Hürden

Wie wurde sexueller Missbrauch in drei norddeutschen Bistümern ermöglicht oder vertuscht? Die Aufarbeitung kommt laut einer Kommission voran. Doch es gibt auch Blockaden, die die Arbeit ausbremsen.

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Die Aufarbeitung von Missbrauch in den eigenen Reihen beschäftigt die katholische Kirche schon seit vielen Jahren. (Symbolbild)

Auch drei Jahre nach ihrem Start liegt noch viel Arbeit vor der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Norddeutschland. Das Gremium zog eine gemischte Bilanz: Es gebe zwar Fortschritte, teils aber auch weiterhin erhebliche Hindernisse, teilte es in seinem zweiten Zwischenbericht mit.

Die Kommission kümmert sich um die Aufarbeitung des Themas in der Kirchenprovinz Hamburg. Zu der Provinz gehören das Erzbistum Hamburg, das Bistum Hildesheim und das Bistum Osnabrück – sie ist nach Fläche die größte in Deutschland. Sie erstreckt sich teilweise über die fünf Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Die Kommission untersucht, wie die katholische Kirche in Norddeutschland mit Fällen von sexualisierter Gewalt umgegangen ist. Sie ist unabhängig von der Kirche und will aufklären, wie Missbrauch ermöglicht, vertuscht oder nicht ausreichend aufgearbeitet wurde. Auch Empfehlungen für Verbesserungen sollen gegeben werden.

Ein zentrales Problem bleibt laut der Kommission der Zugang zu Unterlagen und Daten. Während in Hildesheim und Osnabrück gewisse Fortschritte erzielt worden seien, verweigere das Erzbistum Hamburg bislang die Herausgabe relevanter Daten mit Hinweis auf den Datenschutz.

Diese Argumentation hält die Kommission «nicht für tragfähig». Sie leitete deshalb eine gerichtliche Klärung ein, über die nun das Interdiözesane Datenschutzgericht entscheiden soll. Auch in den beiden anderen Bistümern seien angeforderte Daten bisher nicht vollständig strukturiert übergeben worden.

Der gemeinsame Betroffenenrat der drei norddeutschen Bistümer zieht ein differenziertes Zwischenfazit. Die Metropolie Hamburg – so wird die Kirchenprovinz auch genannt – habe «drei Geschwindigkeiten», heißt es im Bericht. Osnabrück gehe bei der Aufarbeitung voran und Hildesheim hole auf – während Hamburg zwar nicht mehr rückwärtsgehe, aber nur langsam vorankomme.

Für das Jahr 2025/26 fordert der Betroffenenrat nach eigenen Angaben, dass das Erzbistum Hamburg seine Blockaden überwindet, Hildesheim widersprüchliche Signale beendet und Osnabrück die Ergebnisse seiner Studie konsequent umsetzt.

Nach Angaben der Aufarbeitungskommission haben alle drei Bistümer wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag gegeben. In Hildesheim sei 2025 eine große Studie angelaufen, die Betroffene eng einbinde. In Osnabrück sei 2024 eine Studie abgeschlossen worden, die systemische Pflichtverletzungen klar benannt habe. In Hamburg gebe es mit der sogenannten Mecklenburg-Studie erste Ergebnisse zum Zeitraum 1946 bis 1989.

Unterschiede sieht die Kommission auch bei der Erinnerungskultur. Hildesheim habe ein Konzept entwickelt, dessen Umsetzung jedoch stocke. In Osnabrück sei eine neue Arbeitsgruppe gegründet worden, die mit Betroffenen arbeite. Hamburg verfüge bislang über keine institutionalisierte Form des Gedenkens.

Die Kommission empfiehlt, datenschutzrechtliche Blockaden zu überwinden, die wissenschaftlichen Studien fortzuführen und die Beteiligung Betroffener verbindlicher zu gestalten. «Maßstab jeder Aufarbeitung bleibt: Transparenz, Verantwortung und Würde für die Betroffenen», heißt es von der Kommission.

Die Aufarbeitungskommission wurde 2022 eingerichtet, um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den drei norddeutschen Bistümern unabhängig zu begleiten. Der Kommission gehören zehn Mitglieder an, darunter Vertreter des gemeinsamen Betroffenenrats sowie Fachleute aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung.

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