14. Mai 2025 – dpa

Maritime Wirtschaft

Emder Werft bereit für das Recycling schrottreifer Schiffe

Alte Schiffe müssen abgewrackt und im besten Fall recycelt werden. Bislang fehlten in Deutschland aber Werften, die das anbieten können. In Ostfriesland steht eine Werft dafür nun in den Startlöchern.

Erstmals in Deutschland sollen künftig in der ostfriesischen Seehafenstadt Emden Seeschiffe abgewrackt und recycelt werden. Als erstes deutsches Unternehmen habe EWD Benli Recycling GmbH von Behörden die notwendige Genehmigung für ein Schiffsrecycling erhalten, teilte die Muttergesellschaft, die Emder Werft und Dock GmbH (EWD), mit.

Das niedersächsische Umweltministerium in Hannover bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich nach Kenntnis der Behörde um die erste solche Genehmigung zum Schiffsrecycling handele. Demnach erteilte das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg die Genehmigung Ende April.

Die Nachfrage, Schiffe in Deutschland wiederzuverwerten, ist nach Angaben der EWD Benli Recycling GmbH groß. Bereits bei der Ankündigung, in das Recycling-Geschäft einsteigen zu wollen, seien im vergangenen Jahr erste Anfragen eingegangen, diese hätten aber zunächst abgelehnt werden müssen. «Der Bedarf ist groß – speziell, weil die Schiffe von Behörden recht alt sind und bisher niemand innerhalb Deutschlands diese Schiffe recyceln konnte», teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. «Nun, wo wir grünes Licht haben und das entsprechend kommuniziert haben, erreichen uns mehrere Anfragen.»

Fachleute sehen im Schiffsrecycling nicht nur einen neuen Geschäftszweig für die deutsche maritime Industrie, sondern auch einen Ansatz, Ressourcen zu schonen. Indem aus alten Schiffen Wertstoffe wie Stahl oder Komponenten gewonnen werden, können diese wieder in den Materialkreislauf fließen.

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer hält es für nötig, dass schrottreife Schiffe auch in Deutschland recycelt werden können. «Das nun die Emder Werft und die EWD Benli Recycling GmbH als erste in Deutschland in die nachhaltige Wiederverwendung von Schiffen einsteigen will, begrüße ich daher sehr», sagte der Grünen-Politiker. «Es ist eine umweltpolitische Katastrophe, dass wir in den letzten Jahrzehnten ausgemusterte Industrieschiffe insbesondere nach Südostasien verschickt haben, wo sie unter schlechtesten Umwelt- und Sozialbedingungen verrotteten», sagte Meyer weiter.

Weltweit werden nach Angaben des Verbands der Deutschen Reeder jährlich rund 700 Seeschiffe außer Dienst gestellt. Etwa 90 Prozent dieser alten Schiffe werden demnach bislang in Südasien, vor allem in Pakistan, Bangladesch und Indien, abgewrackt und recycelt. Dort sind neben den Kosten auch Auflagen für den Umwelt- und den Arbeitsschutz deutlich geringer als in Europa.

«Wir sehen uns jedoch nicht im direkten Wettbewerb mit Asien, sondern vielmehr als Anlaufstelle für Behörden, von küstennahen Reedereien und Havaristen», teilte dazu die EWD Benli Recycling GmbH mit. Man sei überzeugt, Gewinn vor allem durch den Vorteil kurzer Wege, durch nachhaltige Lösungen und Automation bei den Prozessen erwirtschaften zu können.

Eine EU-Verordnung regelt bereits, dass Schiffe einer bestimmten Größe und die unter EU-Flagge fahren, nur auf zugelassenen Recyclingwerften einer EU-Liste abgewrackt werden dürfen. Viele davon liegen in der Türkei. Da von Mitte dieses Jahres an weltweit einheitliche Regeln für das sichere und umweltfreundliche Recyceln von Schiffen gelten, steigt nach Auffassung der Branche auch die Wettbewerbsfähigkeit von Abwrackwerften in der EU.

Niedersachsen habe sich zusammen mit Bremen über die Umweltministerkonferenz seit längerem für ein heimisches Schiffsrecycling und Rohstoffgewinnung in Deutschland starkgemacht, teilte Umweltminister Meyer mit. In einem Beschluss vom Dezember 2024 forderten die Länder den Bund unter anderem auf, entsprechende Modellprojekte etwa beim Ausbau der Hafeninfrastrukturen oder der Entwicklung umweltfreundlicher Recyclingmethoden voranzutreiben.

Auch in Deutschland könnte so ein maritimer Recyclingsektor entstehen. Neben der EWD bemühte sich nach früheren Angaben etwa auch die Bremer Leviathan GmbH für eine Genehmigung zum Schiffsrecycling auf der Stralsunder Volkswerft. Weitere Vorhaben in Niedersachsen sind dem Umweltministerium bislang nicht bekannt.

«Das Verfahren hat rund ein Jahr gedauert und wir freuen uns sehr, dass wir jetzt die Nachfrage in Emden bedienen können», sagte der Co-Geschäftsführer der EWD Benli Recycling GmbH, Björn Sommer, einer Mitteilung zufolge. Nun grünes Licht zu erhalten, sei auch ein starkes Signal für die maritime Wirtschaft in Deutschland, die über viel Know-how verfüge, hieß es.

Erfolgen soll das Schiffsrecycling auf dem Gelände der Emder Werft und Dock GmbH (EWD), der früheren Nordseewerke. Partner ist das Unternehmen Relog, das den Rückbau von Industrieanlagen plant und umsetzt. Das Kerngeschäft soll nach Unternehmensangaben der Rückbau von Seeschiffen, Binnenschiffen, Küstenmotorschiffen sowie Fahrgastschiffen und Fähren werden.

«Wir legen uns bei diesem Geschäftsfeld nicht auf bestimmte Schiffstypen fest», teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Generell könnten alle Einheiten auf dem Werftgelände zerlegt werden, die die Werft durch die Große Emder Seeschleuse anlaufen könnten. In die Schleuse, die den Außen- mit dem Binnenhafen verbindet, passen Schiffe mit einer Länge von bis zu 260 Metern und bis zu 40 Metern Breite.

Für das Zerlegen wollen die Emder konventionelle Technik wie Brennschneider und Plasmaschneidgeräte nutzen. Um Emissionen zu vermeiden, soll auch Wasserschneidtechnik eingesetzt werden, hieß es.

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