25. Oktober 2025 – dpa
Per Volksentscheid haben die Hamburgerinnen und Hamburger den Senat bei den Klimazielen überholt. Auch weite Teile der Grünen haben dafür geworben. Die SPD fordert vom Koalitionspartner nun Klartext.
Nach dem erfolgreichen Volksentscheid zur Verschärfung der Hamburger Klimaziele sieht SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf den grünen Koalitionspartner in der Pflicht. «Jetzt muss es erst einmal darum gehen, dass die Grünen zeigen, welchen Plan sie sich eigentlich ausgedacht haben», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Die grüne Partei und auch die grüne Fraktion haben sich massiv dafür eingesetzt, dass dieser Volksentscheid angenommen wird.»
SPD und Grüne hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, am Ziel, Hamburg bis spätestens 2045 klimaneutral zu machen, festzuhalten. Zugleich wird in dem Vertrag der Wille bekräftigt, «die vollständige Klimaneutralität möglichst noch vor dem gesetzlich festgelegten Jahr zu erreichen», was aber an Voraussetzungen geknüpft sei, die der Bund erst noch schaffen müsse.
In dem Volksentscheid hatten sich mehr als 53 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger dafür ausgesprochen, die gesetzliche Zielmarke um fünf Jahre auf 2040 vorzuziehen. Zudem muss es ab kommendem Jahr einen linearen Pfad zur CO2-Reduktion geben, der jedes Jahr überprüft werden muss. Sollten die Werte nicht stimmen, müssen diese in den Folgejahren kompensiert oder Sofortmaßnahmen getroffen werden.
Konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind in dem Gesetz der Volksinitiative jedoch nicht vorgesehen. Hier erwarte er jetzt Klartext vom Koalitionspartner, sagte Kienscherf. «Die Grünen müssen jetzt entweder einen Plan vorlegen, wie das alles funktionieren kann, oder deutlich machen, dass sie sich vielleicht gar keine Gedanken darüber gemacht haben. Eins von beiden kann ja nur sein.»
Schon das 2045er-Ziel sei etwa mit Blick auf den Netzausbau ambitioniert gewesen, sagte der SPD-Fraktionschef. «Ich glaube, das ist einer der zentralen Punkte: Wie schafft man es, das Fernwärmenetz, die Wärmenetze, aber auch das Stromnetz jetzt schon bis 2040 auszubauen?» Er bezweifelte, dass dies allein angesichts des Fachkräftemangels umzusetzen ist.
«Und es gibt ein weiteres Problem: Der schnellere Netzausbau führt zwangsläufig zu mehr Baustellen. Und wir reden hier vom Vielfachen dessen, was wir heute haben in Hamburg. Das wäre verkehrlich nicht abzubilden. Hier brauchen wir schnellstmöglich Klarheit», forderte er.
Auch die schnellere energetische Sanierung des Gebäudebestandes werde allein schon durch den Fachkräftemangel zum Problem. Außerdem würden erhebliche Mehrkosten entstehen, wie eine von der Umweltbehörde in Auftrag gegebene Studie gezeigt habe.
«Wohnungsunternehmen - und allen voran die Genossenschaften - könnten das nicht tragen und müssten die gesetzlichen Möglichkeiten zur Mieterhöhung nutzen», sagte Kienscherf. «Um das sozialverträglich zu gestalten, müssten die Mehrkosten durch erhöhte Förderprogramme kompensiert werden.»
Dadurch würden dann mehrere Hundert Millionen Euro zusätzlich auf den Haushalt zukommen. «Bei einer Schuldenbremse, die ja nach wie vor in Kraft ist, sehe ich überhaupt nicht, wie das haushalterisch gestemmt werden soll», sagte er. Klar sei für ihn: «Die Schuldengrenze hat Verfassungsrang. Und wir werden die Verfassung nicht brechen.»
Auch für die Hamburger Wirtschaft trage man eine besondere Verantwortung. «Teile der Wirtschaft können ja durchaus schon 2040 klimaneutral sein. Nicht aber die Grundstoffindustrie. Und auch die verarbeitende Industrie wird es nicht schaffen», warnte er.
Zugleich dämpfte Kienscherf die Erwartungen der Initiative nach einer schnellen Umsetzung des «Zukunftsentscheids». Zunächst müssten alle Fakten und Zahlen auf den Tisch, die sich aus der Fristverkürzung ergeben, sagte er. Über konkrete Maßnahmen könne man dann voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres Reden.