06. November 2025 – dpa

Drogentod in MV

Drogen-Expertin: Wir müssen dringend mehr aufklären

Hat Mecklenburg-Vorpommern ein Drogenproblem? 2021 starben 20 Menschen an illegalen Drogen. Vergangenes Jahr waren es 15, darunter ein Teenager. Zuletzt gab es drei Tote binnen weniger Tage. Was tun?

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Nach einer Häufung von Drogentoten in Mecklenburg-Vorpommern fordert die Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen dringend mehr Aufklärung, vor allem Jugendlicher. (Archivbild)

Drogentote im Teenager-Alter, Spuren erheblichen Konsums im Abwasser und ein Oberbürgermeister, der im Fernsehen sagt, er wisse nicht, was man dagegen tun könne. Birgit Grämke, Geschäftsführerin der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen in Mecklenburg-Vorpommern, appelliert: «Wir müssen dringend mehr tun, um Leben zu retten.»

«Wir beobachten, dass gerade die jüngere Generation ohne Hemmungen konsumiert, die probieren wirklich alles aus», sagt Grämke. Das endet mitunter tödlich. Zwei Opfer in den vergangenen zwei Jahren waren erst 13 und 15 Jahre alt. Die Situation sei fundamental anders als der Drogenmissbrauch früherer Jahrzehnte, als oft Langzeitabhängige ihrer Sucht erlagen.

Der Missbrauch illegaler Drogen hat Mecklenburg-Vorpommern früher kaum berührt. Bis in die 2010er Jahre lag die Zahl der Drogentoten pro Jahr im niedrigen einstelligen Bereich – zwischen 2020 und 2021 waren es bereits 20. Allein im Jahr 2022 wurden elf Todesopfer gemeldet, 2023 16 und 2024 dann 15.

Zuletzt meldete die Polizei drei mutmaßliche Drogentote auf Rügen und im Raum Stralsund binnen weniger Tage und warnte vor möglicherweise verunreinigten oder anderweitig gefährlichen Substanzen.

Der Markt sei voller synthetischer Drogen – häufig in Pillenform, jugendgerecht gestaltet und günstig, berichtet Grämke. So starb im Herbst vergangenen Jahres in Zingst ein 15-Jähriger nach dem Konsum mehrerer «Rote Super Marios»-Pillen, designt in Anlehnung an eine Comic-Figur. 2023 starb eine 13-Jährige in Altentreptow, nachdem sie eine außergewöhnlich hoch dosierte «Blue Punisher»-Pille genommen hatte. Auch diese Pille sah poppig aus.

«Die jungen Leute, die Drogen ausprobieren, wollen einen Rausch, aber sie wollen nicht sterben», sagt Grämke. Doch ihnen fehle das Wissen um die große Gefahr, in die sie sich begeben. Eine regelmäßige, strukturierte Drogenaufklärung finde demnach im Land bislang nicht statt.

Mit Hilfe des Landes hat die Koordinierungsstelle seit dem Frühjahr 25 Drogenpräventionskräfte ausgebildet, die von Schulen und Jugendeinrichtungen gebucht werden können, wie Grämke berichtet. Sie sollen in den nächsten Wochen ihre Zertifikate bekommen. Ein zweiter Kurs für noch einmal 25 Kräfte soll in Kürze beginnen. Allerdings können sie die Drogenprävention nur nebenberuflich und auf Anfrage leisten.

Als zwingend nötig erachtet die Suchtexpertin eine strukturierte, regelmäßige Drogenaufklärung in den Kommunen und Schulen. Jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt brauche zwei hauptamtliche Drogenpräventionskräfte, die einen Plan aufstellen – etwa wann und wo welche Veranstaltung in welcher Klasse stattfindet.

Ein Verdrängen des Themas sei keine Lösung: «Das bringt nichts. Die Kinder erfahren von Mitschülern, was es an Drogen gibt, sie wissen auch, wer was nimmt und wo sie es herbekommen.» Viel wichtiger sei Wissen über die Wirkungen und das könne schützen.

Grämke findet auch Drug-Checking bei Veranstaltungen gut, also das Testen illegaler Drogen auf ihre Bestandteile, um die Konsumenten vor Verunreinigungen oder extremen Dosierungen warnen zu können. «Wir müssen uns klarmachen, was uns wichtig ist», sagt Grämke. «Ich meine, Leben zu retten.»

Grämke lobt die Landeshauptstadt Schwerin. Dort wurden zwei Präventionskräfte eingestellt und ein Aufklärungsplan mit Beteiligung der Polizei entwickelt. «Schwerin ist auf dem Weg, eine Struktur hinzubekommen. Das ist enorm wichtig.»

Fassungslos habe sie hingegen die Äußerung des Neubrandenburger Oberbürgermeisters Nico Klose (parteilos) gemacht, der diese Woche im NDR-Fernsehen sagte: «Eine ganz konkrete Drogenpolitik als Stadt Neubrandenburg, die gibt es nicht und die sehe ich auch in Zukunft nicht. Weil die Frage wäre, wie soll sie aussehen?» Ein Abwasser-Test im Auftrag des NDR hatte zuvor für die drittgrößte Stadt des Landes hohe Werte an Drogen-Rückständen ergeben.

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