10. August 2025 – dpa
Eben noch an der Kaikante, dann schon unter Wasser. Schon häufiger sind Kutter in MV im Hafenbecken verschwunden. Was dann folgt, ist mitunter teuer und beschäftigt teils sogar Gerichte.
Ehemalige Fischkutter, oftmals als Imbiss umgebaut, prägen das Bild vieler deutscher Häfen im Norden - immer wieder kommt es allerdings zu Havarien teils maroder Kutter, mitunter mit hohen Kosten, wie eine Umfrage bei Hafenstädten und Behörden in Mecklenburg-Vorpommern zeigt.
Solche Kutter seien tatsächlich ein Problem, sagte der Rostocker Hafenkapitän Falk Zachau. «In den letzten fünf Jahren ist eine Häufung der Vorfälle erkennbar gewesen.» Demnach gab es Probleme mit acht Kuttern. «In den allermeisten Fällen liegt die Ursache in altersbedingten Verschleißerscheinungen beziehungsweise mangelhafter Wartung und Instandhaltung der Holz beplankten Fischkutter.»
Erst Ende Juli waren unter anderem Polizei und Feuerwehr im Rostocker Stadthafen im Einsatz, weil Wasser in den Gaststätten-Kutter «Luna Rossa» eindrang. Das Wasser wurde abgepumpt. Vor fast dreieinhalb Jahren war derselbe Kutter nach Wassereinbruch während eines Orkantiefs gesunken. Es handelt sich längst nicht um den einzigen Kutter, der in den zurückliegenden Jahren in Rostock gesunken ist und gehoben werden musste, so etwa Anfang 2024 die «Seeadler» neben dem Fähranleger Kapuzenhof, 2022 ein Gaststätten-Kutter weiter flussaufwärts oder 2021 der 70-Tonnen-Kutter «Wernigerode».
In Greifswald sind in den vergangenen Jahren laut Rathaus zwei Kutter untergegangen: 2020 sank die «Johanna» im Ryck oberhalb der Wiecker Klappbrücke und im Oktober 2023 sank der ehemalige Kutter «Nordland III» im Hafen von Wieck nach einem Sturmhochwasser.
Seit Juli dieses Jahres wird die «Nordland III» nun im Auftrag des Landes an Land vor dem Greifswalder Sperrwerk zerlegt. Stadt und Land waren im Streit um die Zuständigkeit bis vor das Greifswalder Oberverwaltungsgericht (OVG) gegangen. Allein die Kosten für die Beseitigung beziffert das Schweriner Umweltministerium auf etwa 500.000 Euro. Auch die Bergung kostete laut Stadt schon einen sechsstelligen Betrag. Laut Ministerium werden die Kosten Gegenstand weiterer rechtlicher Auseinandersetzungen mit der Stadt sein.
Im Stralsunder Hafen mussten die Behörden laut Stadt in den vergangenen fünf Jahren einmal einen Verkaufskutter sichern, um eine drohende Havarie und damit verbundene Umweltgefahren auszuschließen. «Der Eigner war seiner Verpflichtung zur Entfernung des Kutters aus dem Hafen nicht nachgekommen.» Hinzu kommt die «Rudolf Virchow», die an der Kaikante des Dänholms gesunken war und Mitte Juli per Schwimmkran zum Volkswerftgelände gebracht wurde.
Eine Zunahme der Fälle gibt es laut Stralsunder Rathaus nicht. Zu derselben Einschätzung kommt auch die Wasserschutzpolizei des Landes. In Wismar gab es laut Stadt in den vergangenen fünf Jahre keinen entsprechenden Vorfall.
Zachau sagte, ein Problem, seien fehlende Möglichkeiten derartige Schiffe abzuwracken. Einige Eigner würden dies durchaus tun, wenn es die Möglichkeit gebe. Auf das Problem hatte vergangenes Jahr schon Stephan Berger als Vorsitzender des Verbands der Deutschen Hafenkapitäne (VDHK) aufmerksam gemacht. Fast jeder Hafen kämpfe eigentlich damit, dass irgendwo Schrottschiffe herumliegen, hatte er der dpa gesagt. Es fehle an rechtlichen Regelungen für Schiffsrecycling.
Für ein Schiff, insbesondere im Fall einer Havarie, sei in erster Linie der Eigentümer zuständig, erklärte die Stadt Greifswald. Daher sei es ein Problem, dass einige Schiffe weder im Seeschiffs- noch im Binnenschiffsregister eingetragen werden müssen. Die «Nordland III» habe ohne Genehmigung im Greifswalder Hafen gelegen. «Für eine proaktive Entfernung maroder beziehungsweise nicht schwimmtüchtiger Schiffe durch die Hafenbehörden besteht derzeit keine Rechtsgrundlage.» Behörden würden nur in dringenden Fällen der Gefahrenabwehr aktiv. Auch die Wasserschutzpolizei verwies auf die im Grundgesetz verankerte Regel: «Eigentum verpflichtet».
Zachau erklärte, dass sogenannte Stilllieger, also Schiffe, die nicht mehr fahren und etwa als Imbisskutter im Hafen liegen, keinen Klasselauf, also keinen Schiffs-Tüv benötigen, da sie weder Güter noch Passagiere von A nach B transportierten. «Die Anforderungen für den Erhalt und Betrieb sind also wesentlich geringer.» Voraussetzung für einen Liegeplatz sei aber ein gültiges Schwimmfähigkeitsattest. Diese seien meistens ein bis zwei Jahre gültig und stellten gutachterlich den Zustand des Wasserfahrzeugs fest.
Mal eben einen Kutter an Land zu stellen und zu sichern, kommt laut Zachau für Eigentümer kaum infrage. Da seien zum einen die hohen Kosten. Außerdem fehlten geeignete Flächen.
Das Schweriner Wirtschafts- und Verkehrsministerium, das auch für die Häfen zuständig ist, erklärte, die Landeshafenverordnung werde derzeit überarbeitet. Dabei gehe es auch um eine mögliche Präzisierung der Befugnisse der Hafenbehörden. «Dies könnte künftig auch auf die Beseitigung gesunkener Schiffe im Rahmen ihrer Zuständigkeit Anwendung finden.»