21. Juli 2025 – dpa
Reicht das eigene Einkommen für eine gute Rente – und wie viel verdient man als Beschäftigter im Vergleich? Zahlen der Bundesregierung zeigen die Tendenzen. Für MV ist das weiterhin ernüchternd.
Allen politischen Bemühungen zum Trotz bleibt Mecklenburg-Vorpommern das Niedriglohnland in Deutschland. 36,1 Prozent der rund 351.000 Vollzeitbeschäftigten im Nordosten verdienen weniger als 2.750 Euro brutto im Monat. In keinem anderen Bundesland ist der Anteil der Geringverdiener höher. Das geht aus einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Dietmar Bartsch hervor.
Bundesweit blieben 20,9 Prozent der 22,2 Millionen Vollzeitbeschäftigten unter der Einkommensschwelle von monatlich 2.750 Euro. In Hamburg lag der Anteil lediglich bei 15,4, in Schleswig-Holstein bei 23,9 Prozent. Ähnlich hoch wie in Mecklenburg-Vorpommern war die Quote mit 35,2 Prozent in Thüringen. In Ostdeutschland insgesamt waren es 30,4 Prozent, wobei Berlin mit 19,2 Prozent den Durchschnitt kräftig drückte.
Unter Verweis auf die aus dem Jahr 2023 stammenden Einkommensdaten trat Bartschs Darstellungen der Wirtschaft entgegen, die Deutschland mitunter als «Hochlohnland» bezeichnet und daraus Wettbewerbsnachteile ableitet. Für eine geleistete Arbeitsstunde haben Unternehmen vergangenes Jahr im Schnitt 43,40 Euro an Bruttoverdiensten und Lohnnebenkosten gezahlt.
«Deutschland ist kein Hochlohnland, sondern hat ein millionenfaches Lohnproblem», sagte der Rostocker Bundestagsabgeordnete. Bei teils horrenden Mietkosten und gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Energie sei es für Millionen Menschen eine Herausforderung, die zwingenden Kosten des Alltags zu stemmen.
Für die Betroffenen haben die Löhne im unteren Segment nach Einschätzung Bartschs harte Folgen. «Eine politische und soziale Unverschämtheit ist es, dass genau diejenigen die Armutsrentner von morgen sein werden», sagte er.
Hintergrund ist laut der Linken, dass ein Monatsbruttolohn von mehr als rund 3.300 Euro – rund 20 Euro pro Stunde – nötig ist, um eine gesetzliche Rente auf dem Niveau der Armutsrisiko-Schwelle zu erhalten. Andere Formen der Altersvorsorge sind hier nicht berücksichtigt. Vor allem in Ostdeutschland ist die gesetzliche Rente in der Regel die einzige Einkommensquelle im Alter. Betriebsrenten, Mieteinnahmen oder private Vorsorge sind eher die Ausnahme.
In Deutschland galt eine Person laut Statistischem Bundesamt zuletzt als armutsgefährdet, wenn sie mit ihrem Nettoeinkommen unter 1.378 Euro im Monat liegt.
«Löhne unter 3.500 Euro sind faktisch eine Garantie für Renten auf Armutsniveau», sagte Bartsch. Wie viele Menschen aktuell weniger aus der gesetzlichen Rentenkasse bekommen als für eine Rente oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle nötig, hatte Bartsch im Juli bereits abgefragt. Unter 1.300 Euro Rente erhalten demnach – Stand 31. Dezember 2024 – mehr als jede und jeder Vierte mit mindestens 45 Jahren in der Rentenversicherung.
Regional sind die Einkommen in Deutschland ziemlich unterschiedlich verteilt. In den ostdeutschen Flächenländern verdienen rund 60 Prozent der Vollzeitbeschäftigten weniger als 3.500 Euro im Monat. Unter den Flächenländern hat Baden-Württemberg mit 33,6 Prozent im Verhältnis am wenigsten Menschen in dieser Lohngruppe. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 62,2 Prozent. Das ist im Ländervergleich der zweithöchste Wert, minimal hinter Thüringen mit 62,3 Prozent.
Bartsch folgert aus dem Lohngefüge: «Deutschlands Beschäftigte brauchen eine ernsthafte Lohnoffensive.» Der schwarz-roten Bundesregierung warf der Linken-Politiker vor, keinen Mindestlohn von 15 Euro als unterste Lohngrenze festgeschrieben zu haben. Dies schade dem Lohnniveau insgesamt.
Die Mindestlohnkommission mit Spitzenvertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber hatte beschlossen, dass der Mindestlohn in Deutschland zum 1. Januar 2027 in zwei Stufen auf 14,60 Euro pro Stunde steigt, Anfang kommenden Jahres von heute 12,82 auf 13,90 Euro. Die Regierung will die Empfehlung umsetzen.
Aktuell reicht die Lohnspreizung in Deutschland von 20 Prozent der Vollzeitbeschäftigten, die im Jahr auf 77.000 Euro oder mehr kommen, bis 10 Prozent mit 32.500 Euro oder weniger. Mit Hilfe des Statistischen Bundesamts kann man sich selbst darin einordnen. Mit einem Jahresverdienst von 66.000 Euro gehört man zu den 30 Prozent mit den höchsten Verdiensten. Ein Prozent der Vollzeitbeschäftigten verdiente nach jüngsten Zahlen im Jahr 2024 mehr als 213.286 Euro brutto.