10. November 2025 – dpa

Personalie

Vorschlag Silvio Witt als Bürgerbeauftragter umstritten

Im Mai trat der frühere Kabarettist als OB von Neubrandenburg zurück und ging als Künstler wieder auf die Bühne. Jetzt soll er Bürgerbeauftragter des Landes werden. Daran gibt es Kritik.

Das Comeback des Neubrandenburger Ex-Oberbürgermeisters Silvio Witt als Vortragskünstler ist voraussichtlich bald schon wieder Geschichte. Der 47-Jährige soll neuer Bürgerbeauftragter von Mecklenburg-Vorpommern werden. Die Regierungsfraktionen SPD und Linke stellten die Personalie nun vor.

Die Wahl soll bereits am Mittwoch im Landtag stattfinden - was bei der oppositionellen CDU für Kritik sorgt. Ein so kurzer Vorlauf sei angesichts der Bedeutung des Amtes stillos und unwürdig, sagte der Fraktionsvorsitzende Daniel Peters. Auch ließ er durchblicken, dass er Witt, der im Mai nach heftigen Auseinandersetzungen mit Teilen der Neubrandenburger Stadtvertretung vorzeitig aus dem OB-Amt schied, nicht wirklich für geeignet hält.

«Er soll Anwalt aller, wohlgemerkt aller Bürger im Umgang mit Verwaltung und Politik sein», sagte Peters zum Amt des Bürgerbeauftragten. Es verlange hohe kommunikative Kompetenzen und auch die Befähigung, mit allen Sorgen, Nöten und Problemen der Menschen in MV sorgsam, sensibel, zugewandt und beharrlich umzugehen. «Wir als CDU-Fraktion hätten uns in den aufgewühlten Zeiten eine überparteiliche Lösung, etwa aus dem kirchlichen oder sozialen Umfeld gewünscht, die keine besondere Nähe zur Landesregierung hat.» Auch wäre eine Frau gut gewesen, meinte Peters.

Witt gehört keiner Partei an. Er hatte Ende Oktober den Johannes-Stelling-Preis der SPD-Landtagsfraktion für Zivilcourage erhalten. Er habe sich trotz erheblicher Widerstände konsequent für ein buntes, tolerantes und weltoffenes Neubrandenburg eingesetzt, lobte die Jury.

Der offen homosexuell lebende Witt war nach Zerwürfnissen mit der Stadtvertretung im Mai 2025 als OB nach zehn Jahren vorzeitig aus dem Amt geschieden. Letzter Auslöser war ein Streit über das Hissen der Regenbogenflagge gewesen.

Die AfD-Fraktion lehnt den Personalvorschlag des Regierungslagers rundweg ab. «Silvio Witt ist ein denkbar ungeeigneter Kandidat», erklärte der Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer. Die Regenbogenfahne am Neubrandenburger Bahnhof sei keine Provinzposse gewesen, sondern ein Politikum. «Am Ende warf er - ob der politischen Niederlage bockig - hin und stilisierte sich als Opfer einer homophoben Kampagne. In der Regenbogenfahnendebatte hat er bewusst eine Spaltung der Neubrandenburger Stadtvertretung und der Bürgergemeinschaft in Kauf genommen.» Er frage sich, wie Witt die Belange von Bürgern mit verschiedenen Weltanschauungen vertreten wolle.

Die ebenfalls oppositionellen Grünen hingegen stehen hinter der Personalie. Silvio Witt werde Bürger- und Bürgerinnenbeauftragter sein, der die Anliegen aller Menschen ernst nehme und ein echtes Sprachrohr für sie sein werde. «Er ist eine sehr gute Wahl für dieses wichtige Amt», teilte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Landtagsfraktion, Jutta Wegner, mit.

Witt soll sein Amt Anfang Januar antreten, weil er bis Jahresende noch künstlerische Verpflichtungen hat, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Julian Barlen sagte. Nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister der drittgrößten Stadt im Nordosten kehrte Witt auf die Bühne zurück. Gerade tourt er mit einem Loriot-Leseabend durch das Land.

Silvio Witt folgt als Bürgerbeauftragter Christian Frenzel (SPD) nach, der jüngst Staatssekretär im Innenministerium wurde. Frenzel war erst 2024 zum Bürgerbeauftragten gewählt worden und hatte Matthias Crone abgelöst, der nach vielen Jahren im Amt in den Ruhestand gegangen war.

Frenzel ist nun Staatssekretär, er trat sein neues Amt zum 27. Oktober an. Er folgte dort auf Wolfgang Schmülling (SPD), der wegen einer Beförderungsaffäre wochenlang in der Kritik gestanden und schließlich sein Amt niedergelegt hatte.

An den Bürgerbeauftragten kann sich jeder wenden, der sich von einer Behörde ungerecht behandelt fühlt. «Oft liegt die Hilfe schon in der unabhängigen Überprüfung einer behördlichen Entscheidung oder in dem Hinweis auf die für eine Angelegenheit zuständige Verwaltungsstelle», heißt es auf der Internetseite des Bürgerbeauftragten.

Der Beauftragte ist unabhängig und unparteiisch und bietet regelmäßig Sprechstunden im ganzen Land an. Er soll sich überdies besonders um die Belange von Menschen mit Behinderung kümmern. Als Polizeibeauftragter ist er Ansprechpartner für Mitarbeiter aus diesem Bereich, die über Missstände informieren wollen.

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