Vorbereitungen fürs Wintersemester
Die zwei Universitäten Mecklenburg-Vorpommerns in Rostock und Greifswald planen fürs Wintersemester 2020/21. Hintergrund ist die Entscheidung der Landesregierung, dass die Hochschulen mit dem Veranstaltungsbetrieb ab dem 14. September beginnen können. Sie könnten den konkreten Starttermin allerdings jeweils individuell bestimmen. Wie die Uni Greifswald am Mittwoch berichtete, wurde der Beginn der Vorlesungszeit auf den 12. Oktober festgelegt. Für die Erstsemester der Studiengänge Human- und Zahnmedizin, Pharmazie und Psychologie beginnt die Vorlesungszeit am 2. November. Der Lehrbetrieb der Uni Rostock starte dagegen einheitlich am 2. November. Präsenzlehre und Campusleben seien für die Hochschulen wichtige Standortfaktoren im bundesweiten Wettbewerb, sagte Bildungsministerin Bettina Martin (SPD). Sie zeichneten sich durch einen persönlichen Austausch zwischen Dozenten und Studenten aus. «Daher werden Formen der Präsenzlehre in allen mit dem Gesundheitsschutz vertretbaren Fällen verwirklicht», betonte die Ministerin. «Das Gesundheitsamt gibt uns grünes Licht für die sukzessive Aufhebung der Beschränkungen», sagte Rostocks Unirektor Wolfgang Schareck. Die Uni Rostock habe neben der Präsenzlehre, einem guten Betreuungsverhältnis nun auch vielfältige digitale Formate zur individuellen Unterstützung der Lehre zu bieten.
Auch in Greifswald wurde ein Konzept erarbeitet, mit dem Präsenzlehre unter den vorgegebenen Hygienebedingungen möglich sein kann. «Wir sind uns darüber im Klaren, dass Hygienebeschränkungen auch weiterhin gelten und digitale Lehrinhalte notwendig sind», sagte ein Sprecher. Besonderes Augenmerk bei der Planung gelte den Erstsemestern. «Wir planen Formate, um sie auch bei eingeschränkten Kontaktegeln herzlich empfangen und gut in den Studienalltag einführen können.»
Überbrückungsstipendium
Rund 350 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern haben bislang einen Antrag auf ein Überbrückungsstipendium in Zeiten der Corona-Krise gestellt. Davon seien bis Ende vergangener Woche 279 bewilligt worden, wie das Kulturministerium am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. 31 Künstler hätten ihren Antrag wieder zurückgezogen. Ein Überbrückungsstipendium ist den Angaben zufolge eine einmalige Zahlung von 2000 Euro für freischaffende Künstler und Solo-Selbstständige, die durch Absagen von Engagements im Zuge der Corona-Pandemie in Existenznot geraten sind.
Die Landesregierung hatte Anfang April eine millionenschwere Unterstützung für die Kultur beschlossen. Künstler, Kulturschaffende, Träger der allgemeinen und politischen Weiterbildung sowie Gedenkstätten soll mit insgesamt 20 Millionen Euro geholfen werden.
Online-Betrieb
Die erzwungene Umstellung auf den Online-Betrieb in der Corona-Krise kann die Universitäten in Mecklenburg-Vorpommern nach deren Angaben einen guten Schritt voran bringen in der digitalen Lehre. «Sie wird jedoch nie die Präsenzlehre ersetzen können», sagte der Chef des Rechenzentrums der Universität Greifswald, Ralf Schneider, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Digitalisierung hat Limits.» Das seien nicht nur technische Grenzen; die digitale Lehre müsse von didaktischen Konzepten begleitet werden. Beide Unis zeigten sich gut einen Monat nach dem coronabedingten Spätstart des Sommersemesters zufrieden. «Wir konnten viel lernen», sagte Rostocks Rektor Wolfgang Schareck. Forschung und Lehre würden mit modernen digitalen Konzepten bereichert. «Die Universität Rostock ist dennoch eine Präsenzuniversität.» Aber es gebe bis auf weiteres keine Präsenzlehre, Veranstaltungen sind bis 31. August abgesagt. Parallel dazu sei die Kontaktadresse <lehre.digital@uni-rostock.de> eingerichtet worden, so dass sich die Hochschulleitung um die Probleme Einzelner kümmern könne.
Nach Ansicht von Greifswalds Prorektor Steffen Fleßa lässt sich jetzt erkennen, was auf Distanz gut geht und was nicht. Das könne ein Schritt zum sogenannten Blended Learning sein, einem Mix von Präsenzveranstaltungen und elektronischem Lernen. Er erwartet, dass in vielen Bereichen 99 Prozent der Lehrziele des Semesters zu schaffen sind. «Vorlesungen sind immer unproblematisch. Je interaktiver eine Veranstaltung, desto größer sind die Probleme.» Wo Labore benötigt würden, wie bei den Naturwissenschaften, oder wo das spätere Arbeiten am Patienten oder der taktische Umgang mit Schülern geübt werden müsse, seien die Ziele nicht zu erreichen. Selbst beim Erlernen von Programmiertechniken sei der persönliche Kontakt nötig, ergänzte Schneider. Für viele Lehrende war es nach seinen Worten ein Kulturschock, innerhalb von drei oder vier Wochen in die digitale Lehre einzusteigen. Schwierigkeiten hätten vor allem Kollegen mit einem hohen Anteil an Lehrverpflichtungen und wenig Forschung. Studenten sind nach Einschätzung der Professoren zufrieden. «Es kommt auf das Niveau der Studierenden an und auf das Fach», sagte Fleßa. Im Masterstudium sei mehr Eigenständigkeit zu erwarten als bei einem 18 Jahre alten Bachelorstudenten.
Schareck machte auf die sozialen Folgen der Corona-Pandemie für das Leben der Studierenden aufmerksam. «Eine besondere Herausforderung ist das Studieren im Homeoffice für Studierenden mit zu betreuenden Kindern oder Angehörigen, da der Studierendenstatus nicht als Beruf anerkannt ist.» Da durch den Wegfall der Jobs Studierende hart getroffen sind, konnten durch eine großzügige Spendenaktion innerhalb der Uni zusätzlich zu den vom Bund gewährten zinsfreien Darlehen teilweise Kompensationen erreicht werden, wie Schareck sagte.
RÜCKBLICK
Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie ist an den Universitäten und Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern am 20.04.20 der Semesterbetrieb aufgenommen worden. Die Lehrveranstaltungen werden soweit wie möglich bis auf Weiteres digital abgehalten, hieß es beispielsweise von Universität Rostock. Nicht digitalisierungsfähige Studienanteile sollen in die Zeit verschoben werden, in denen ein Präsenzbetrieb wieder möglich ist. Das Datum für die Aufnahme des Präsenzbetriebs ist noch ungewiss, sagte ein Sprecher der Uni Rostock. «Auch Prüfungen werden möglichst in digitalen Formaten abgenommen.» Unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen können Prüfungen und ebenfalls Praxisveranstaltungen, die spezielle Labor- beziehungsweise Arbeitsräume erfordern, als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden.
«Es sind fast alle im Homeoffice», sagte auch der Sprecher der Uni Greifswald. Auf einer umfangreichen Webseite «Digitale Alternativen zu klassischen Lehrveranstaltungsformaten» werden die Greifswalder Studenten über die Möglichkeiten des Studiums zu Corona-Zeiten informiert. «Die Vielfalt von digitalen Formaten wird ausgeschöpft.» Eine Übersicht, wie viele der Studenten mit den Angeboten erreicht werden, lasse sich noch nicht erstellen.
Prüfungen, die ohne Direktkontakt möglich seien, könnten digital durchgeführt werden. Praktische Einheiten sollen demnach wieder stattfinden, sobald es die Situation zulasse. Alle Leistungen des Sommersemesters würden anerkannt.
Medizinstudenten hätten einen besonders umfangreichen und anspruchsvollen Lehrplan, erklärte der Dekan der Unimedizin Rostock, Emil Reisinger. Deshalb starte die Unimedizin schon vor Beginn des regulären Semesters mit ihrer Online-Lehre. Das solle verhindern, dass die Studenten ein Semester verlieren. «Dies würde dazu führen, dass wir den Ärztemangel im Land weiter verschärfen.» Bereits am Mittwoch starte ein umfangreicher Testbetrieb mit live-gestreamten Vorlesungen, aufgezeichneten Vorträgen und Seminaren per Video-Konferenzen. Je nach Format hätten die mehr als 2000 Studenten der Medizin, Zahnmedizin und der Medizinischen Biotechnologie auch die Möglichkeit, direkt mit ihren Lehrenden in Kontakt zu treten. «Das verdeutlicht den Grad unserer Digitalisierung.»
Sämtliche Bildungseinrichtungen im Land waren Mitte März geschlossen worden, um soziale Kontakte massiv einzuschränken und damit das Risiko einer Covid-19-Infektion zu verringern. Der Vorlesungsbetrieb ruht bis zum 19. April. Im Wintersemester 2018/19 waren laut Statistischem Landesamt 38 347 Studierende an den Hochschulen eingeschrieben. Die größten Studiengänge waren den Angaben zufolge Medizin, Betriebswirtschaftslehre und Jura.
Die Rahmenbedingungen zur Durchführung des Sommersemesters 2020 im Detail:
- Das Sommersemester 2020 findet statt.
- Die Universitäten sowie die Hochschule für Musik und Theater Rostock nehmen den Lehrbetrieb zum 20. April 2020 auf; die Fachhochschulen setzen den Lehrbetrieb am 20. April 2020 fort.
- Aufgrund der epidemiologischen Situation findet der Lehr- und Studienbetrieb nicht in Präsenzform, sondern z. B. in digital gestützten Formaten statt („distance learning“).
- Prüfungen, die ohne Direktkontakt möglich sind und eigenverantwortlich durch die Hochschulen organisiert werden, können bereits jetzt digital und ohne physischen Kontakt qualitätsgesichert durchgeführt werden.
- Präsenzlehre bzw. -prüfungen sowie Praxisanteile werden schrittweise dann wieder stattfinden, sobald Gründe des Gesundheitsschutzes dem nicht mehr entgegenstehen. Dies wird mit den für den Gesundheitsschutz zuständigen Behörden vorher abgestimmt.
- Alle im Sommersemester 2020 erbrachten Leistungen werden anerkannt.
Ergänzung beim BAföG hilft Studierenden in der Krise:
Viele Studierende sind derzeit in Sorge um ihre finanzielle Grundlage. Nebenjobs brechen weg oder die Eltern geraten aufgrund der Krise in finanzielle Problemlagen und können nicht in gewohnter Form unterstützen. Wissenschaftsministerin Bettina Martin hat deshalb die Entscheidung des Bundes begrüßt, Studierenden beim Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) entgegenzukommen und flexible Verfahren anzuwenden. Im Zuge der krisenbedingten Gesetzgebung hat der Bund auch das BAföG in Teilen geändert.
- BAföG-Empfängerinnen und -empfänger bekommen auch für den Zeitraum, in dem momentan kein Besuch der Schule bzw Hochschule wegen coronabedingter Schließung möglich ist, eine Förderung.
- Anträge von Studierenden, bei denen sich die eigenen Einkommensverhältnisse oder die der Eltern geändert haben, werden schnell bearbeitet. Es stehen Hilfsinstrumente für kurzfristigen Zahlungsbedarf zur Verfügung. Das beinhaltet Vorbehaltsbewilligungen bei Folge- oder Aktualisierungsanträgen und Abschlagszahlungen bei Neuanträgen.
- Studierende, die jetzt im Gesundheitswesen, in sozialen Einrichtungen oder der Landwirtschaft tätig sind, wird der Verdienst nicht wie sonst üblich auf den gesamten Förderzeitraum, sondern nur auf die Zeit ihrer Beschäftigung angerechnet.
„Es ist ein wichtiges Signal, dass Studierende, die sich jetzt für andere einsetzen und anpacken, nicht um ihre Förderung bangen müssen“, sagte Martin am 30.03.20. Mecklenburg-Vorpommern hatte sich auf Initiative Martins beim Bund dafür eingesetzt, dass nicht nur der Verdienst im Gesundheitswesen und in sozialen Einrichtungen, sondern auch in der Landwirtschaft nicht auf das BAföG im gesamten Förderzeitraum angerechnet wird.
Martin betonte, wie wichtig es gerade jetzt sei, dass sich Studierende in der Land- und Ernährungswirtschaft engagieren. „Wir brauchen jetzt auch Studierende, die sich für die Gemeinschaft in der Krise engagieren. Wer also Engagement mit einem Nebenverdienst vereinen möchte, findet dort die Möglichkeit“, sagte Martin. Im Internet ist unter der Adresse www.mv-wir-packen-an.de eine Stellenbörse geschaltet, über die sich auch Studierende um einen Job in der Land- und Ernährungswirtschaft bewerben können.