18. September 2025 – dpa
Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein.
Ein antisemitischer Aushang in einem kleinen Flensburger Laden sorgt für bundesweite Empörung und löst Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aus. Die Behörde leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts auf Volksverhetzung ein. Auf dem Papier hieß es, Juden hätten in dem Laden Hausverbot.
«Es besteht der begründete Verdacht, dass die Worte geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören und diese geeignet sind, zum Hass gegenüber den in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden aufzustacheln», teilte die Staatsanwaltschaft Flensburg mit. Das Verfahren richte sich gegen den Inhaber des Geschäfts.
Der Zettel mit der Aufschrift «Juden haben hier Hausverbot! Nichts persönliches, auch kein Antisemitismus, kann euch nur nicht ausstehen» soll örtlichen Medienberichten zufolge am Mittwochnachmittag in dem Trödelladen ausgehängt worden sein. Der Zettel wurde mittlerweile entfernt.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft bestehe der Verdacht, «dass durch das Plakat die Menschenwürde der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden dadurch angegriffen wurde, dass diese wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum böswillig verächtlich gemacht wurden». Es gebe Anhaltspunkte, dass Jüdinnen und Juden als unterwertige Mitglieder der Gemeinschaft dargestellt werden sollten.
Bei der Beurteilung des Anfangsverdachts habe die Staatsanwaltschaft auch berücksichtigt, dass derartige Forderungen auf Ausschluss der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger vom öffentlichen Leben im nationalsozialistischen Staat die Judenverfolgung eingeleitet hätten - mit dem Ausgang der Vernichtung von Millionen Menschen.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, verurteilte den Fall aufs Schärfste: «Das ist ein ganz klarer Fall von Antisemitismus und da muss man intervenieren», sagte Klein dem Sender «Welt TV». Er begrüße es sehr, dass es bereits Anzeigen gegeben habe. Es gebe direkte Bezüge zur NS-Zeit, das dürfe in keiner Weise hingenommen werden.
Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag, «wer Antisemitismus äußert und rechtfertigt, stellt sich gegen alles, wofür unser demokratisches Miteinander steht.» Sie bedankte sich, dass bereits Anzeigen erstattet wurden und erwartete eine konsequente Reaktion der Behörden. Die ehemalige schleswig-holsteinische Bildungsministerin hat jüdische Vorfahren und setzt sich seit längerem gegen Antisemitismus ein.
Auch die schleswig-holsteinische Kulturministerin, Dorit Stenke (CDU), und der Landesbeauftragte für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Gerhard Ulrich, sehen im antisemitischen Aushang einen Angriff auf die Menschenwürde und unsere demokratischen Werte. Stenke und Ulrich zeigen sich entsetzt. Ulrich verwies auf eine zunehmende Zahl antisemitischer Vorfälle im Land. Im Jahr 2024 wurden nach Daten der Dokumentations- und Informationsstelle 588 antisemitische Vorfälle dokumentiert – ein dramatischer Anstieg von 390 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Auch Politiker unter anderem von Grünen und SPD verurteilten den Aushang scharf. Solche Aussagen seien ein klarer Ausdruck von Antisemitismus und «verhöhnen die historischen Erfahrungen von Jüdinnen und Juden, relativieren die Verbrechen der nationalsozialistischen Terrorherrschaft und greifen das Fundament einer offenen und demokratischen Gesellschaft an», teilten die Flensburger Grünen etwa mit.
Der Flensburger SPD-Landtagsabgeordnete Kianusch Stender betonte, «wir sind eine offene, bunte Stadt, die allein schon aus ihrer historischen Verantwortung heraus die Pflicht hat, sich immer und überall gegen Antisemitismus zu engagieren.»