12. Oktober 2025 – dpa

Volksentscheid

Beim Klima-Volksentscheid wohl Sieg für Initiative

Hamburg steht vor schärferen Klimazielen: Der Volksentscheid deutet auf eine Vorziehung der Klimaneutralität auf 2040 – mit Folgen für Verkehr, Wohnen und Industrie.

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Die Unterstützer eines strengeren Klimaschutzes können zuversichtlich sein. Bei der Auszählung zum Volksentscheid zu einem Vorziehen der Klimaneutralität von 2045 auf 2040 liegen sie deutlich vorn.

Die Hamburgische Bürgerschaft und der rot-grüne Senat müssen aller Voraussicht die Klimaneutralität der Stadt um fünf Jahre auf 2040 vorziehen. Bei einem Volksentscheid zeichnete sich am Sonntag nach Auszählung von 606 der 673 Stimm-Gebiete ein Sieg der Volksinitiative «Hamburger Zukunftsentscheid» ab. Demnach entschieden sich 52,6 Prozent für strengere Klimaschutzziele, 47,4 Prozent votierten dagegen, wie das Landeswahlamt mitteilte. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 43,6 Prozent.

Sollte das vorläufige Ergebnis am Ende bestätigt werden, müssen Landesregierung und Parlament das Klimaschutzgesetz ändern und den von der Volksinitiative «Hamburger Zukunftsentscheid» vorgelegten Gesetzentwurf umsetzen. Dabei sollen unter anderem jährliche Zwischenziele verabredet und durch ein regelmäßiges Monitoring überprüft werden. Sollten diese nicht erreicht werden, müsse mit Sofortprogrammen gegengesteuert werden.

Der Plan sieht jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß vor. Konkrete Ziele für einzelne Sektoren wie Verkehr, private Haushalte Gewerbe oder Industrie ergeben sich dem Gesetzentwurf zufolge aus dem Klimaplan der Stadt, der regelmäßig fortgeschrieben wird.

Auch Sozialverträglichkeit ist ein Anliegen der Initiative. So dürfen dem Gesetzentwurf zufolge die Kosten etwa für die energetische Sanierung von Wohnraum nur begrenzt an Mieterinnen und Mieter weitergereicht werden. Vermieter wiederum sollen durch Förderprogramme entlastet werden.

Die Volksinitiative war von der Klimabewegung Fridays for Future angestoßen worden. Zuletzt wurde sie von mehr als 160 Sozialverbänden, Wirtschaftsunternehmen und Kultureinrichtungen unterstützt, darunter die Umweltverbände BUND, Greenpeace und Nabu, die Gewerkschaft Verdi und der FC St. Pauli. Ebenfalls Befürworter waren die Hamburger Kunsthalle, das Schauspielhaus und der Mieterverein Hamburg.

Der Senat und mit Ausnahme der Linken alle Bürgerschaftsfraktionen waren gegen eine Verschärfung der Klimaschutzziele. Eine Besonderheit war dabei jedoch, dass die Grünen als Bürgerschaftsfraktion gegen den Zukunftsentscheid waren, ihn als Partei aber befürworteten.

Auch die Handelskammer als Vertreterin der Hamburger Wirtschaft unterstützte den Zukunftsentscheid ausdrücklich nicht, obwohl sie selbst das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 verfolgt. Ebenfalls dagegen positioniert hatten sich die Handwerkskammer, der Industrieverband und diverse Immobilienverbände.

Einem Gutachten des Hamburg Instituts und des Öko-Instituts im Auftrag der Stadt zufolge kämen deutliche Veränderungen auf die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu. So müssten bis 2040 alle Gas- und Ölkessel in Wohn- und Nichtwohngebäuden ausgetauscht werden – bei gleichzeitiger Stilllegung des gesamten Gasnetzes. Im Wohnungsbau müsste die Sanierung erheblich beschleunigt und der Einbau von mit erneuerbaren Energien betriebenen Heizsystemen wie Wärmepumpen schon jetzt stärker vorangetrieben werden.

Im Verkehr wiederum müsste in der ganzen Stadt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt und der Pkw-Verkehr deutlich reduziert werden. Ferner bedürfte es der Einrichtung von Umweltzonen im Hafen. Für den Bereich Industrie sei es notwendig, Erdgas und Brennstoffe wie Petrolkoks und Raffinerie-Gas vollständig durch Wasserstoff und E-Fuels zu ersetzen. Die komplette Elektrifizierung der Mobilität müsste bis 2040 abgeschlossen sein.

Für den aus Sicht der Volksinitiative erfolgreichen Volksentscheid muss sie mindestens ein Fünftel der rund 1,3 Millionen Abstimmungsberechtigten überzeugen und zudem mehr Ja- als Nein-Stimmen einsammeln. Dazu waren am Sonntag von 8.00 bis 18.00 Uhr rund 185 Abstimmungsstellen geöffnet.

Der «Hamburger Zukunftsentscheid» wäre der erste aus der Bevölkerung hervorgegangene erfolgreiche Volksentscheid seit 2013. Damals hatten sich die Hamburgerinnen und Hamburger gegen den Willen des Senats für einen Rückkauf der Energienetze entschieden. Danach kam nur noch 2015 das gescheiterte Olympiareferendum, das jedoch vom Senat initiiert worden war.

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