04. November 2025 – dpa
Hamburg kann laut aktueller Steuerschätzung bis 2030 mit rund 2,5 Milliarden Euro mehr rechnen. Doch geplante Bundesgesetze könnten die Mehreinnahmen deutlich schmälern.
Hamburg kann in den kommenden Jahren mit mehr Steuereinnahmen rechnen als noch im Mai vorhergesagt. Insgesamt erhöhten sich die Einnahmeerwartungen bis 2030 um rund 2,5 Milliarden Euro, erläuterte Finanzsenator Andreas Dressel die Herbst-Steuerschätzung. Gleichzeitig betonte der SPD-Politiker, dass sich diese Summe um rund 450 Millionen Euro reduzieren würde, sollte der Bund seine geplanten Steuergesetze tatsächlich beschließen.
Laut der Herbst-Steuerschätzung rechnet Hamburg im Vergleich zur Mai-Steuerschätzung in diesem Jahr mit Mehreinnahmen von 527 Millionen Euro und im kommenden Jahr von 393 Millionen Euro. 2027 und 2028 liege das Plus bei jeweils 485 Millionen Euro, 2029 bei 652 Millionen Euro. Insgesamt stiegen die jährlichen Steuereinnahmen von rund 16,5 Milliarden Euro in diesem Jahr auf gut 18,8 Milliarden Euro im Jahr 2030. Hauptursache für die höheren Einnahmeerwartungen sei die verbesserte Einschätzung zur gesamtwirtschaftlichen Lage.
«Die etwas positivere Herbst-Steuerschätzung sollte uns nicht in falscher Sicherheit wiegen», warnte Dressel. Der Steuertrend flache ab, bei den gesetzlichen Leistungen gebe es eine dramatische Zunahme, die Weltwirtschaft sei von Unsicherheiten geprägt und Deutschland erlebe weiter eine lahmende Konjunkturentwicklung. «Vor diesem Hintergrund werden wir uns weiteren Belastungen für die Länder- und Kommunalhaushalte auf Bundesebene, die nicht kompensiert werden, in den Weg stellen.»
Kein Verständnis zeigte Dressel für das geplante Steueränderungsgesetz 2025, das Hamburg in den kommenden fünf Jahren rund 360 Millionen Euro kosten würde. Das Gesetz beinhaltet eine höhere Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer, eine Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie sowie höhere Übungsleiterfreibeträge und Ehrenamtspauschalen. Die beiden letztgenannten gönne er den Vereinen und Ehrenamtler, sagte Dressel. «Aber was ich sehr hart auch hier noch mal kritisiere, ist das Thema des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie.»
Er verstehe das Anliegen und habe auch Verständnis für die Gastronomie. Auf der anderen Seite klagte er über schwierige Gespräche, wenn es etwa um den Kampf gegen Steuerbetrug gehe - Stichwort: Registrierkassenpflicht und digitale Bezahlmöglichkeiten. Er könnte das ja noch ertragen, wenn Hamburg wenigstens eine Kompensation erhalten würde. Aber ganz ohne finde er «das sehr schwierig». Gleiches gelte für die Pendlerpauschale. Das sei geradezu ein Anreiz dafür, sich möglichst fernab des Arbeitsplatzes eine Wohnung zu nehmen, sagte Dressel. Das halte Hamburg für nicht richtig und nicht gut. «Das heißt, wir werden weiter im Bundesrat darauf dringen, dass die notwendigen 35 Stimmen nicht zustande kommen.»
Mit Blick auf die Erbschaftsteuer setzt Dressel auf eine baldige klärende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die derzeitige Lage nannte er ein Unding. Denn «wenn jedes Jahr in den nächsten Jahren 400 Milliarden Euro vererbt werden und der Fiskus kriegt sozusagen deutlich weniger als 10 Prozent davon raus, dann ist das etwas, was Vermögensungleichheiten befördert und zementiert.» Außerdem fehle das Geld den Ländern etwa für Investitionen in die Bildung.
Dressel warnte vor extrem schwierigen Debatten bei der anstehenden Aufstellung des Doppelhaushalts 2027/2028. «Um es klar zu sagen: Für neue konsumtive Mehrausgabenwünsche sehe ich keinerlei Spielraum.» Und etliche Kostensteigerungen könnten auch nicht ausgeglichen werden. Erfreut zeigte sich Dressel dagegen über das Sondervermögen Klimaneutralität des Bundes. «Unser Ziel ist, dass wir wirklich bis 2030 schon große Teile dieses Sondervermögensanteils von 2,66 Milliarden Euro tatsächlich schon planerisch gebunden haben, damit der Impuls für die Konjunktur und auch für die Infrastrukturentwicklung möglichst schnell auch im großen Umfang realisiert werden kann.»
Der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer ermahnte den Senat zu einer konsequenten Aufgabenkritik und einer gesicherten Kostenkontrolle bei Großprojekten. «Ganz wichtig sind dabei auch strukturelle Reformen und wirtschaftlicher Entlastungen für Bürger und Unternehmen.» Es könne nicht sein, dass die Hamburger SPD Steuerentlastungen, die im schwarz-roten Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart seien, infrage stelle und stattdessen von Steuererhöhungen rede. Gleichzeitig forderte Kleibauer den Senat auf, die Investitionsmittel aus dem Sondervermögen entsprechend den Vorgaben zu nutzen. «Hier darf der Senat nicht tricksen und das Geld für sowieso schon lange im Haushalt eingeplante Projekte verwenden.»
Die AfD forderte «den Rotstift bei den exzessiv steigenden Sozialleistungen». Auf der anderen Seite dürfe die SPD vereinbarte Steuererleichterungen nicht infrage stellen. Die Linken wiederum mahnten verstärkte Investitionen an. Doch der Senat scheine vor allem alte Projekte wie das Naturkundemuseum oder die Köhlbrandbrücke weiterzubetreiben, statt neue Investitionen planen zu wollen. Auch warnten sie vor Sozialkürzungen.