30. September 2025 – dpa
Pädagogische Fachkräfte gelten als Basis für Kita-Qualität und frühkindliche Bildung. Im Nordosten sieht es bei der Qualifikation des Kita-Personals vergleichsweise gut aus. Doch es gibt Sorgen.
In den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern und den anderen ostdeutschen Bundesländern arbeiten einer Studie zufolge besonders viele pädagogisch qualifizierte Fachkräfte. Der durchschnittliche Anteil an pädagogisch Tätigen pro Kita mit mindestens einem fachlich einschlägigen Abschluss lag im März 2024 in Mecklenburg-Vorpommern bei 88,4 Prozent, wie aus einer Auswertung der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Zum Vergleich: Der deutschlandweite Schnitt beträgt 72 Prozent. In Ostdeutschland sind es knapp 87 Prozent, in Westdeutschland 68,8 Prozent. Bundesweites Schlusslicht ist Bayern mit 54,5 Prozent.
Zum Stichtag 1. März 2024 verzeichneten 70,6 Prozent der Kitas in MV (ohne Horte) eine hohe Fachkraft-Quote, bei der mehr als acht von zehn pädagogisch Tätigen mindestens über einen einschlägigen Fachschulabschluss verfügen. 2017 waren es noch 89,6 Prozent, 2023 dann 74,4 Prozent. Im Zeitraum zwischen 2017 und 2024 gab es demnach - wie in den meisten anderen Bundesländern auch - einen Rückgang.
Einen einschlägigen Hochschul- oder Fachschulabschluss und damit die formale pädagogische Qualifikation haben laut Stiftung etwa Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Erzieher, Erziehungswissenschaftler, Kindheitspädagogen oder auch Heilpädagogen und Heilerzieher. Der Zusammenhang zwischen Fachkraftquote und Kita-Qualität sei wissenschaftlich belegt, hieß es. Die Regelungen der Bundesländer, welche Berufsabschlüsse oder Qualifizierungswege für die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft anerkannt werden, unterscheiden sich stark.
Die Autoren der Studie sehen den anhaltenden Kostendruck der Kommunen als Grund für den Rückgang der Zahl der Fachkräfte. Die Stiftung fordert daher eine verlässliche Mitfinanzierung von Bund und Ländern sowie einheitliche Personalstandards. Im internationalen Vergleich liegt die Fachkraftquote in den deutschen Einrichtungen der frühkindlichen Bildung allerdings bislang über denen in vielen anderen EU-Ländern.
Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke), die in MV auch für die Kitas zuständig ist, lobte neben dem hohen Anteil an Fachkräften auch die große Zahl an KIta-Plätzen. «Bei uns erhält jedes Kind einen Kita-Platz, es gibt keine Wartelisten und die Kitas bieten eine hohe Verlässlichkeit und längere Öffnungszeiten als anderswo», erklärte sie. Seit über fünf Jahren seien überdies Krippe, Kindertagespflege, Kindergarten und Hort für Familien beitragsfrei. Das werde auch so bleiben. Mit 923 Millionen Euro hätten Land und Kommunen im vergangenen Jahr so viele Mittel für die Bildung, Betreuung und Förderung von Kindern in der Kita aufgewendet wie nie zuvor.
Bei Eltern, Erziehern und Kita-Trägern wächst unterdessen die Sorge vor einem Kita-Sterben, weil die Geburtenzahlen in MV seit acht Jahren im Sinkflug sind. Laut amtlicher Statistik wurden im vergangenen Jahr 4.000 Kinder weniger im Nordosten geboren als 2016. Der Kita-Landeselternrat und die Erzieher-Gewerkschaft GEW forderten das Land, die Landkreise und die Kommunen auf, ihre Ausgaben für die Kitas trotz zurückgehender Kinderzahlen nicht zu kürzen.
In einer gemeinsamen Erklärung, die sie bei einer «Zukunftskonferenz Kita» im Stralsunder Ozeaneum veröffentlichten, heißt es: «Stattdessen sollten die Ausgaben mindestens auf dem heutigen Niveau stabil gehalten werden, um Kita-Schließungen und Entlassungen zu verhindern und die Bildungsqualität zu erhöhen. Investitionen in die frühkindliche Bildung seien Investitionen in die Zukunft des Landes.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband in MV sieht bereits Anzeichen für mögliche künftige Einsparungen durch die Landesregierung. So sei geplant, bei sinkenden Kinderzahlen in einer Kita nur noch kleinere Flächen bei der Kostenerstattung für die Träger anzuerkennen, hatte der Landesgeschäftsführer des Paritätischen, Dieter Eichler, vergangene Woche gesagt. «Für viele Einrichtungen bedeutet das: Sie müssen einen Teil der Miet-, Energie- und Reinigungskosten selbst zahlen», so Eichler. Die Gebäude könnten nicht verkleinert werden. Ein Kita-Sterben drohe.
Die oppositionelle AfD im Landtag kritisierte zu viel Bürokratie in der Kita. «Statt mehr Zeit für die Kinder zu haben, müssen Erzieher zahllose Vorgaben erfüllen und Berichte erstellen», meinte der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Enrico Schult. «Jüngstes Beispiel ist das von Ministerin Oldenburg eingeführte verpflichtende Entwicklungszeugnis für jedes angehende Schulkind.» Diese zusätzliche Berichtspflicht binde Personal und gehe zulasten der pädagogischen Arbeit.