18. Juni 2025 – dpa
Ein Freizeitboot ist an einem lauen Sommerabend auf entspanntem Familienausflug, als es von einem anderen schwer gerammt wird. Eine Frau stirbt. Drei Jahre danach fällt ein Urteil.
Der tödliche Bootsunfall auf dem Ribnitzer See vor rund drei Jahren ist nach Auffassung des Amtsgerichtes Stralsund auf überhöhte Geschwindigkeit und Unachtsamkeit des 38-jährigen Bootsführers zurückzuführen. Dieser habe am 16. August 2022 bei dem Zusammenstoß mit einem anderen Freizeitboot objektiv und subjektiv gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, befand die Richterin, die den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilte.
Zum einen sei der Angeklagte damals mit seinem Boot mit rund 52 Kilometern pro Stunde unter den gegebenen Umständen viel zu schnell unterwegs gewesen. Zum anderen hätte er das von ihm gerammte Boot sehen können und müssen, da an diesem zumindest eine Rundum-Ankerlampe geleuchtet habe, so die Richterin. Das Urteil, das auch wegen fahrlässiger Körperverletzung erging, ist noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht folgte mit dem Urteil dem Antrag des Staatsanwaltes. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, im Falle eines Schuldspruchs aber höchstens auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Der 38-Jährige war am Unfalltag gegen 21.30 Uhr mit seinem mit drei Menschen besetzten Aluminium-Boot mit Außenbordmotor auf ein anderes Freizeitboot mit sechs Menschen an Bord aufgefahren, von denen eine 66-jährige Frau starb.
Diese Fakten waren vom ersten Verhandlungstag am 26. März an unstrittig. Wie, wann genau und warum es aber zu dem Unfall kam, darüber gab es völlig unterschiedliche Angaben und Darstellungen vom Angeklagten auf der einen Seite und dem als Zeugen geladenen Skipper des zweiten Bootes.
Der 38-Jährige, der viele Jahre als Matrose in der Hochseefischerei tätig war, zuletzt auf einem Behördenboot arbeitete, zurzeit aber arbeitslos ist, betonte auch in seinem Schlusswort, dass ihm das, was vorgefallen sei, sehr leidtue. Sein Verteidiger argumentierte, dass der Unfall für seinen Mandanten gar nicht vermeidbar gewesen sei, da er das andere Boot mangels Beleuchtung nicht habe wahrnehmen können.
An Bord des anderen Boots waren neben dem Bootsführer auch dessen Frau, Tochter und Sohn, Mutter sowie deren 66-jährige Schwester, die ums Leben kam. Das Boot des Angeklagten war über das andere Boot quasi hinweggeflogen und hatte den Kajütenaufbau teilweise abgerissen und den Rumpf an der linken Seiten aufgebrochen.
Am Unfallort auf dem Gewässer rund 500 Meter vom Hafen in Ribnitz-Damgarten spielten sich nach dem Zusammenstoß dramatische Szenen ab. Die Schwester der Getöteten, die damals meterweit aus dem Boot geschleudert wurde, hatte ausgesagt: «Ich dachte zunächst, uns hat eine Rakete getroffen.» Der Skipper des gerammten Bootes erlitt bei dem Unfall eine Schädelfraktur, der Sohn einen offenen Beinbruch. Der Angeklagte war damals ins Wasser gesprungen und hatte Erste Hilfe geleistet.
Ein Gutachter hatte in dem Fall zunächst eine fehlerhafte Geschwindigkeitsberechnung vorgelegt, aber am letzten Verhandlungstag ein korrigiertes Gutachten präsentiert, für das unter anderem Daten des Navigationsgerätes ausgewertet wurden. Danach war das Boot mit 28 Knoten oder rund 52 Kilometern pro Stunde unterwegs. Dies widerspricht laut Sachverständigen vorherigen Angaben des Angeklagten, wonach das Boot zwölf bis 15 Knoten schnell gewesen sei.