18. Juni 2025 – dpa
Eine blutige Auseinandersetzung am Jungfernstieg sorgte im vergangenen Sommer für Angst und Schrecken in Hamburg. Für zwei junge Männer hat das nun Konsequenzen. Das Gericht findet deutliche Worte.
Knapp zehn Monate nach einer Messerstecherei am Hamburger Jungfernstieg hat das Landgericht zwei Männer im Alter von 23 und 26 Jahren zu Haftstrafen verurteilt. Der Ältere wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs sowie wegen Handeltreibens mit Drogen und verschreibungspflichtigen Arzneien schuldig gesprochen. Er erhielt fünfeinhalb Jahre Gefängnis. Der 23-Jährige bekam wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs vier Jahre Haft.
Die beiden aus dem Gazastreifen stammenden Männer hätten sich am Abend des 29. August vergangenen Jahres mit anderen Palästinensern aus unbekanntem Anlass «zusammengerottet», um sich mit einer Gruppe von Tschetschenen zu schlagen, sagte der Vorsitzende Richter Matthias Steinmann. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Anklage von bis zu 25 unbekannten Mittätern gesprochen.
Im Laufe der Auseinandersetzung habe der 26-Jährige mit einem spitzen Gegenstand auf einen Kontrahenten eingestochen, ihn aber nur oberflächlich verletzt, erklärte Steinmann. Der mitangeklagte 23-Jährige habe einem anderen jungen Mann einen wuchtigen Messerstich in die Brust versetzt. Der 18-Jährige überlebte dank einer Notoperation. Die Angeklagten hatten ihre Beteiligung an der Auseinandersetzung eingeräumt.
Nur knapp drei Monate vor der Tat war der 26-Jährige aus der U-Haft freigekommen. Er war nach dem Fund einer größeren Drogenmenge in seiner Unterkunft verhaftet worden. Bei seiner erneuten Verhaftung nach dem blutigen Streit am Jungfernstieg wurde bei ihm wieder eine größere Menge Haschisch sowie ein Messer gefunden, wie Steinmann sagte.
Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, beide Angeklagte auch wegen versuchten Totschlags zu verurteilen. Der Ältere sollte für sechs Jahre in Haft, der Jüngere für vier Jahre und zehn Monate. Dieser Vorwurf habe sich anhand der Videoaufzeichnungen vom Tatgeschehen aber nicht sicher belegen lassen, erklärte Steinmann.
Der damals verletzte 18-Jährige habe die Schwere seiner Verletzung offenbar zunächst nicht bemerkt und sich weiter an der Auseinandersetzung beteiligt. Erst nach einer Weile habe er das Blut auf seinem weißen T-Shirt gesehen und sich zu einem Hoteleingang geschleppt, sagte Steinmann. Nur ein halbes Jahr zuvor hatte sich der 18-Jährige an einer anderen Schlägerei im U-Bahnhof Jungfernstieg beteiligt. Deswegen sei er vom Amtsgericht Stade (Niedersachsen) zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
Der Richter äußerte großes Unverständnis für das Verhalten der Angeklagten. Sie seien vor der Gewalt im Gazastreifen geflohen, um in einem friedlichen und sicheren Land zu leben. Wie könne es sein, dass sie dann selbst gewalttätig werden und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, fragte Steinmann. «Das ist mir absolut unverständlich.» Den Anlass für die Schlägerei am Jungfernstieg habe das Gericht nicht sicher feststellen können. Der Richter betonte aber: «Es gibt nie einen Grund, sich in der Öffentlichkeit zusammenzurotten und zu schlagen.»
Der Jungfernstieg sei an jenem Sommerabend voller Menschen gewesen, der Blick auf die Alster sei vielen Hamburgern und Besuchern beliebt. Das Kampfgeschehen und die Schreie hätten bei den Zeugen große Angst ausgelöst. Zahlreiche Notrufe seien bei der Polizei eingegangen.
Die Flaniermeile an der Binnenalster gilt seit einigen Jahren als Brennpunkt. Im Juni 2023 hatte die Polizei die «Ermittlungsgruppe Alster» gegründet, um die Jugendkriminalität zu bekämpfen. Im vergangenen Januar hatte der Senat von einer deutlichen Entspannung der Lage gesprochen.
Erst am Dienstag hatte eine andere Strafkammer am Landgericht einen Angeklagten wegen eines Angriffs mit einer Pistole auf einen 35-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der 43 Jahre alte Beschuldigte hatte am 19. April 2022 ganz in der Nähe des Jungfernstiegs aus zwei Meter Abstand auf den Mann geschossen und ihn am Bein verletzt. Zwei Mitangeklagte, die auf das Opfer eingeschlagen und -getreten hatten, kamen mit Geldstrafen davon. Die Hintergründe dieser Tat hatte die Kammer nicht aufklären können, wie der Vorsitzende Richter sagte. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.