03. November 2025 – dpa

Antrittsbesuch im Norden

Merz an der Nordsee: vom Windrad bis zum Heuler

Mehr als eine Stunde lang berät Schleswig-Holsteins Kabinett mit Kanzler Merz. Es geht nicht nur um die Energiewende, Northvolt und die Verteidigung, sondern auch um einen Heuler.

Draußen brüllen Demonstranten «Wir sind das Stadtbild», drinnen gibt es für den Kanzler ein Geschenk der Landesregierung. Friedrich Merz (CDU) hat am Montag Schleswig-Holstein besucht und sich im Rathaus von Husum mehr als eine Stunde lang mit dem Kabinett von Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU) ausgetauscht.

Von Günther erhielt der Kanzler eine Patenschaftsurkunde für den Seehund «Lüthje» aus der Seehundstation Friedrichskoog. Auf die Frage, was er dafür tun müsse, sagte Günther: «Lieb sein.» Und ab und an für Futter sorgen. Merz kündigte an: «Ich werde mir das jetzt erst mal genau anschauen und ich werde ihn dann bei Gelegenheit, wenn ich die Zeit dazu habe, auch mal besuchen.» Die Station kümmert sich um Seehunde, die ihre Mutter verloren haben. Damit die Säugetiere ausgewildert werden können, müssen sie mindestens 25 Kilogramm wiegen und gesund sein.

Günther bezeichnete die Teilnahme von Merz an der Sitzung des Kabinetts als gutes Zeichen. Neben der Energiewende ging es in dem Gespräch auch um das Thema Sicherheit. «Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Monaten wiederholt gespürt, wie eng wirtschaftliche, militärische und geopolitische Entwicklungen miteinander verknüpft sind und wie wichtig Schleswig-Holstein als sicherheitspolitisches Bindeglied ist.»

Als Drehkreuz im Ostseeraum spiele das Land eine wachsende Rolle für die nationale und europäische Sicherheitsarchitektur, sagte Günther. «Die Aktivitäten der sogenannten Schattenflotte verdeutlichen, dass die maritime Infrastruktur und unsere Häfen ein sicherheitsrelevanter Faktor sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam mit dem Bund einen Weg finden, diese Infrastrukturen und die Bevölkerung zu schützen.»

Merz betonte die hohe Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energien im Norden. «Das wünschte ich mir an anderer Stelle in Deutschland auch.» Schleswig-Holstein gehe mit gutem Beispiel voran und decke bereits mehr als den eigenen Bedarf durch Erneuerbare.

Zuvor hatte der Kanzler das Unternehmen GP Joule in Nordfriesland besucht, das im Bereich der erneuerbaren Energien aktiv ist. Es sei interessant zu sehen, wie der Ausbau der Wind- und Solarenergie zunehmend wettbewerbsfähig wird. «Denn erneuerbare Energien machen uns auch unabhängiger von anderer Energieversorgung», sagte Merz.

Merz sah sich in Begleitung von Günther und Unternehmensmitgründer Ove Petersen unter anderem eine Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff an. Mit regenerativem Strom erzeugter Wasserstoff soll künftig einen wichtigen Beitrag dazu leisten, fossile Brennstoffe zu ersetzen. Dazu kann etwa Strom aus Windkraft oder Photovoltaik immer dann besonders gut verwendet werden, wenn mehr produziert wird als die Netze aufnehmen können.

Thema des Besuches war auch der Mangel an Fachkräften. Merz verwies auf von der schwarz-roten Bundesregierung geplante Work-and-Stay-Agenturen. Das habe mehr als einen rein administrativen Hintergrund. «Wir wollen die Asylverfahren von den Verfahren der Integration im Arbeitsmarkt auch administrativ sehr früh trennen.» Damit diese Menschen nicht erst in ein Asylverfahren müssten, um in Deutschland arbeiten zu können.

Nach Günthers Angaben war auch Northvolt Thema in Husum. Der US-Batteriehersteller Lyten will das insolvente Unternehmen übernehmen und damit auch die deutsche Tochter, die eine Batteriefabrik bei Heide bauen wollte. «Wir haben dem Bundeskanzler noch mal dargestellt, dass wir dort auch ein Gelände haben, was prädestiniert ist dafür, eine Industrieansiedlung zu sein.»

Merz äußerte sich zurückhaltend. Er habe das nur zur Kenntnis genommen. «Ich werde mich hier zu einzelnen Unternehmen nicht äußern.» Klar sei aber, dass Deutschland Batterieproduktion wolle.

Während des Kanzler-Besuches in der grauen Stadt am Meer (Theodor Storm) regnete es. Nach Polizeiangaben beteiligten sich zwischen 150 und 200 Menschen an einer Demonstration. Sie protestierten lautstark und mit Schildern («Dein Stadtbild passt nicht in mein Weltbild») gegen Aussagen von Merz zur Migration und dem «Stadtbild». Merz erreichte den Ratssaal aber über einen anderen Eingang des Rathauses. Dort trug er sich auch in Gästebücher der Landesregierung und der Stadt ein. «Husum gehört sicherlich nicht zu den Problemstädten, die Herr Merz mit seiner Aussage gemeint hat», sagte Bürgermeister Martin Kindl (CDU). In seiner Stadt dominiere norddeutsche Gelassenheit.

Merz hatte am 14. Oktober gesagt, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, «aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen». Später konkretisierte Merz dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten und nicht arbeiteten.

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