19. Juni 2025 – dpa
Die unfassbaren Taten einer pädokriminellen Gruppe im Internet haben deutschlandweit für viel Aufsehen gesorgt. Kopf der Gruppe soll ein 20-Jähriger aus Hamburg sein. Er sieht das anders.
Nach der Festnahme eines jungen Mannes, der gemeinsam mit anderen Täterinnen und Tätern Kinder über das Internet sexuell missbraucht und zum Suizid angestiftet haben soll, laufen die Ermittlungen der Soko Mantacore weiter auf Hochtouren. «Mehrere Datenträger sind sichergestellt worden und werden jetzt ausgewertet», sagte Oberstaatsanwältin Melina Traumann der Deutschen Presse-Agentur. Je nachdem, was auf den Datenträgern gefunden wird, werde dann auch Kontakt zu möglichen Opfern aufgenommen. In der Sonderkommission der Polizei arbeiten den Angaben zufolge mehr als 20 Ermittlerinnen und Ermittler.
Der 20 Jahre alte Deutsch-Iraner war in der Nacht zu Dienstag im Haus seiner Eltern in Hamburg festgenommen worden. Er soll der Kopf einer Gruppe von Cyberkriminellen sein, die acht Kinder im Alter von elf bis 15 Jahren im Internet zu Gewalt gegen sich selbst gezwungen haben. Die Kinder stammen aus Deutschland, England, Kanada, USA, zwei aus Hamburg und eines aus Niedersachsen. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde demnach in den Suizid getrieben, eine 14-jährige Kanadierin habe versucht, sich umzubringen.
Der Mann habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Der Festnahme waren monatelange Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Pädokriminellen und die berüchtigte internationale Pädokriminellen-Gruppe «764» vorausgegangen.
Der Beschuldigte soll der Staatsanwaltschaft zufolge im Alter von 16 bis 19 Jahren unter dem Internetnamen «White Tiger» mehr als 120 Straftaten begangen haben. Darunter seien insbesondere Straftaten, die sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung von insgesamt acht kindlichen und jugendlichen Geschädigten gerichtet hätten. Der 20-Jährige bestreitet die Vorwürfe pauschal.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat mit Blick auf den verstörenden Fall mehr Befugnisse im Kampf gegen Pädokriminelle gefordert. Bislang würden solche Fälle oft nur zufällig oder durch Hinweise aus dem Ausland entdeckt, sagte der Hamburger BDK-Vorsitzende Jan Reinecke, dem Norddeutschen Rundfunk.
Auf Täter, die sich ausschließlich im Internet bewegten, sei die Polizei nicht ausreichend vorbereitet. «Wir brauchen spezialisierte Kräfte, die gezielt im Netz nach solchen Taten suchen – nicht erst dann, wenn ein Kind tot ist», sagte Reinecke und forderte mehr Personal, neue rechtliche Befugnisse, eine zentrale Zuständigkeit - etwa beim Bundeskriminalamt - sowie eine rechtssichere Vorratsdatenspeicherung.
Eltern, die ihr Kind vor Übergriffen und Machtmissbrauch im Netz schützen wollen, können das durch technische Einstellungen tun. Eine wichtige Einstellung bei den sozialen Medien, Spieleplattformen und Co. sei, dass Fremde das Kind nicht einfach so anschreiben können, sagte Ann-Kristin Gaumann von der Online-Beratungsplattform Juuuport der Deutschen Presse-Agentur. Die Plattform von und für Jugendliche und junge Erwachsenen hilft bei Problemen mit Cybermobbing und vielen anderen Problemen im Netz.
Wichtig sei auch, dass Eltern ihre Kinder stärken und mit ihnen im Gespräch bleiben. «Das Kind sollte immer wissen, dass es mit dem Problem jederzeit zu den Eltern gehen kann und es nicht direkt Ärger bekommt. Es ist wichtig, dass da auf jeden Fall dieses Vertrauensverhältnis besteht, dass wenn was schiefläuft, das Kind weiß, ich kann mich an meine Eltern wenden, meine Eltern unterstützen mich und helfen mir in dieser Situation auch ohne direkt Vorwürfe zu machen.»