07. Juli 2025 – dpa

Parteien

Bedingungen statt Brandmauer – Kerth für anderen AfD-Umgang

Für Landrat Stefan Kerth ist die Brandmauer zur AfD gescheitert. Er sieht sich aber auch nicht als AfD-Unterstützer. Was er stattdessen vorschlägt und wer vor Auflösung der Brandmauer warnt.

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Die Brandmauer-Politik gegenüber der AfD ist nach Ansicht Stefan Kerths gescheitert. (Archivbild), Foto: Stefan Sauer/dpa

Deutschlands nordöstlichster Landrat und ehemaliger SPD-Politiker, Stefan Kerth, fordert einen anderen Umgang mit der AfD. Zum Ansatz der sogenannten Brandmauer sagte der Landrat Vorpommern-Rügens: «Das Konzept des bedingungslosen Ausschließens ist gescheitert, auch weil es von vielen Menschen als extrem undemokratisch empfunden wird.» Stattdessen sollte man Bedingungen an die AfD formulieren, unter denen eine Zusammenarbeit möglich wäre. Zuvor hatte die «Ostsee-Zeitung» berichtet.

Zur Brandmauer fragte der Parteilose, der nach eigener Aussage viele CDU-Position überzeugend und der Zeit angemessen findet: «Was macht das mit Millionen AfD-Wählern, was mit unserer politischen Kultur und vor allem mit der Möglichkeit, eines Kurswechsels?» Die CDU habe etwa in der Migrationspolitik keinen Spielraum gegenüber der SPD, weil ihr die kategorische Abgrenzung zur AfD keine Ausweichmöglichkeiten ließe. Die Brandmauer verhindere in Deutschland «nicht-linke» Mehrheiten.

Mit Blick auf Millionen AfD-Wähler sagte Kerth: «Man kann natürlich unterstellen, dass das alles Extremisten sind. Das tue ich ausdrücklich nicht.» Man müsse die AfD zu Veränderungen drängen nach dem Motto: «Seht zu, dass ihr bei euch viel stärker Extremisten und auffallende Leute loswerdet!»

Der Brandmauer-Ansatz sei gescheitert. «Wir sehen doch die Erfolge der Brandmauer-Politik: Es gibt keine. Die Probleme bleiben ungelöst. Das ist für mich der zentrale Kern.»

Das Risiko, dass Probleme ungelöst bleiben, sei höher als das Risiko durch eine Einbeziehung. Letztere sei möglich. Das zeige der Blick ins europäische Ausland und der dortige Umgang mit ähnlichen Parteien.

Die CDU solle eine Koalition nicht mehr grundsätzlich ausschließen, sondern vielmehr Bedingungen an die AfD formulieren. «Zu sagen, ich fange nicht einmal an, Bedingungen zu stellen, als CDU, das ist doch der falsche Weg.» Wozu das dann führe, etwa einer Duldung oder Koalition, könne Kerth derzeit noch nicht sagen.

Kerth hatte sich im Mai in einer Stichwahl gegen einen AfD-Bewerber durchgesetzt und wurde damit zum Landrat wiedergewählt. Er war 2023 aus der SPD ausgetreten und hatte unter anderem die Asylpolitik der Sozialdemokraten kritisiert.

Die Landes-CDU verwies auf Anfrage auf zurückliegende Äußerungen ihres Chefs, Daniel Peters. Den Zeitungen der Nordkurier Mediengruppe hatte er Mitte April gesagt: «In Ostdeutschland gibt es auf Kommunalebene keine Brandmauer mehr mit der AfD.» Auch in Mecklenburg-Vorpommern hatte es mehrfach gemeinsame Abstimmungen anderer Parteien mit der AfD gegeben.

Mit Verweis auf fast flächendeckende Erfolge der AfD im Osten bei den zurückliegenden Landtags- sowie der Bundestagswahl hatte er Veränderungen im Umgang mit der AfD gefordert. Ein «weiter so» funktioniere nicht. Von einer Dämonisierung und Ausgrenzung profitiere die AfD.

Der Vorsitzende der Linken in MV, Hennis Herbst, beteuerte hingegen: «In allen Kreistagen gibt es demokratische Mehrheiten.» Dieser könnten sich die Landräte bemühen. Von einer Zusammenarbeit profitiere am Ende nur die AfD.

Die Landesvorsitzende der Grünen, Katharina Horn, warnte: «Wer mit der AfD zusammenarbeitet – egal auf welcher Ebene – trägt zur Normalisierung des Rechtsextremismus bei.» Ihr Co-Vorsitzender, Ole Krüger, ergänzte: «Wer die Demokratie erfolgreich verteidigen will, muss ihre Feinde klar benennen und darf sie nicht in die eigene politische Arbeit einbinden.»

Über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD wird seit langem diskutiert. Die Befürworter sehen sich in einer zuletzt bekanntgewordenen Neubewertung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigt. Der Nachrichtendienst hatte die AfD zur «gesichert rechtsextremistischen Bestrebung» hochgestuft. Die Partei wehrt sich juristisch dagegen, die Einstufung liegt deshalb vorerst auf Eis.

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