21. August 2025 – dpa

Kriminalität

Schüsse auf Polizisten an S-Bahnhof - sieben Jahre Haft

Ein Zivilfahnder beobachtet einen Taschenraub an einem Hamburger S-Bahnhof und greift ein. Doch einer der Beteiligten zieht eine Pistole und schießt. Jetzt muss er für lange Zeit ins Gefängnis.

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Der Angeklagte (l., verdeckt) wird wegen versuchten Totschlags verurteilt., Foto: Christian Charisius/dpa

Wegen drei Schüssen auf einen Zivilfahnder hat das Landgericht Hamburg einen Angeklagten zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Strafkammer sprach den 22-Jährigen wegen versuchten Totschlags schuldig.

Nach Feststellung des Gerichts hatte der Beamte am Abend des 8. Februar dieses Jahres in der Nähe des S-Bahnhofs Neugraben beobachtet, wie der aus Tschetschenien stammende Angeklagte und zwei Mittäter auf einen Mann einschlugen und -traten, um diesem eine Umhängetasche zu rauben. Der Fahnder entschied sich zum Eingreifen. Er rief nur fünf Meter von dem Angeklagten entfernt: «Polizei, stehen bleiben!» Der 22-Jährige lief zunächst auf den Beamten zu, woraufhin der Polizist Pfefferspray einsetzte.

Der Angeklagte versuchte zu flüchten, kam aber an einem Zaun vor den Bahngleisen nicht weiter, wie die Vorsitzende Richterin Jessica Koerner erklärte. Er drehte sich plötzlich um und schoss mit einer Pistole aus rund sieben Meter Entfernung auf den Polizisten, ohne ihn zu treffen. Dieser schoss mit seiner Dienstwaffe zweimal zurück. Der Angeklagte feuerte daraufhin zwei weitere Schüsse auf den Beamten ab. Keiner der Schüsse traf, doch eine Patrone flog so nah an dem Kopf des Beamten vorbei, dass dieser einen Luftzug am Ohr spürte.

Anschließend flüchtete der 22-Jährige durch die Bahnhofsunterführung. Dahinter traf er auf eine Polizeistreife, der er «Waffe, Waffe!» zurief, um sie auf einen vermeintlich kriminellen Verfolger aufmerksam zu machen. Dank des Ablenkungsmanövers konnte er zunächst entkommen. Rund drei Stunden später nahm die Polizei den Angeklagten am Busbahnhof Neuwiedenthal fest.

Zunächst hatte die Anklage auf versuchten Mord gelautet. Doch ein Mordmerkmal wie Heimtücke bestätigte sich im Prozess nicht. Auch der Staatsanwalt hatte eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags gefordert und eine Strafe von sieben Jahren beantragt.

Der Verteidiger argumentierte, sein Mandant habe nur auf Boden schießen wollen. Er plädierte dafür, den Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer geringeren Strafe zu verurteilen.

Die Richterin betonte, dass der Angeklagte den Tötungsvorsatz selbst eingeräumt habe. Am Anfang des Prozesses habe der Angeklagte eingeräumt, dass es ihm leidtue, dass er auf den Polizisten geschossen habe. Zwei Zeugen, die selbst an dem Taschenraub beteiligt gewesen sein sollen, hatten im Prozess entlastende Aussagen gemacht. Die Richterin bezeichnete diese als Falschaussagen, die mit dem Angeklagten abgesprochen worden sein sollen.

Hintergrund des Taschenraubs waren Drogenstreitigkeiten. Der Inhalt der Tasche bestand aus Cannabis und Bargeld. An jenem Samstagabend war die Umgebung des S-Bahnhofs sehr belebt. Unter anderem habe sich dort eine Familie mit einem Kind aufgehalten. «Bei Schüssen auf einen Zivilfahnder im öffentlichen Raum in einer belebten Umgebung handelt es sich um eine schwere Straftat, die entsprechend besonders streng geahndet werden muss», sagte Koerner.

Der Angeklagte sei zur Tatzeit noch nicht anderthalb Jahre in Deutschland gewesen. Er habe sich hier illegal aufgehalten und es geschafft, sich eine Pistole und Munition ebenfalls illegal zu besorgen. Dass er bislang in Deutschland nicht vorbestraft sei, wollte ihm das Gericht nicht strafmildernd anrechnen. Der Großteil der hiesigen Bevölkerung habe seit Jahrzehnten keine Straftat begangen, sagte die Richterin.

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