14. Mai 2025 – dpa
An einem Sommerabend gehen zwei Männergruppen am U-Bahnhof Hamburg-Billstedt aufeinander los. Ein 29-Jähriger stirbt durch Messerstiche. Einer der Täter muss jetzt für lange Zeit ins Gefängnis.
Neun Monate nach einer tödlichen Messerstecherei am Hamburger U-Bahnhof Billstedt hat das Landgericht einen der Beteiligten zu elf Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Nach Überzeugung der Strafkammer fügte der 29-Jährige dem gleichaltrigen Opfer mindestens einen der vier Messerstiche zu. Der Verletzte war kurz nach der Tat am Abend des 19. August 2024 gestorben. Reanimationsbemühungen von Sanitätern und einem Notarzt blieben erfolglos. Ein 20 Jahre alter Neffe des Getöteten wurde bei der Auseinandersetzung leicht verletzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das Opfer war wie alle an der Auseinandersetzung Beteiligten Afghane. Nach Feststellung des Gerichts hatte der Mann an einer Fußgängerüberführung des U-Bahnhofs auf eigene Rechnung Drogen verkauft. Das wollten der nun Verurteilte und zwei Mittäter, die selbst mit Cannabis handelten, nicht hinnehmen. Außerdem stritten sie um Geld.
Verschärft wurde der Konflikt durch eine Frau, die eine Beziehung zu dem späteren Opfer hatte, aber auch zu dem verurteilten Mann Kontakte unterhielt. Diesem habe sie berichtet, sie werde von ihrem Ex-Freund, dem später getöteten 29-Jährigen, mit Nacktfotos erpresst. Nach der Tat schrieb sie den Angaben zufolge auf Instagram: «Als ich das erfahren haben, ich schwöre, ich habe mich gefreut, dass du das gemacht hast.»
Zu der Auseinandersetzung am U-Bahnhof waren die Kontrahenten jeweils mit Verstärkung gekommen. Beide Gruppen seien mit Messern und Pfefferspray bewaffnet gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin Jessica Koerner. Es sei um einen Konflikt in einem Milieu mit archaischen Strukturen gegangen, in dem das Gesetz des Stärkeren gelte. Es habe sich um eine Demonstration von Macht und Männlichkeit gehandelt. Zahlreiche Zeugen hätten vor Gericht «gemauert» oder schlicht gelogen.
Nach der Tat waren der 29-Jährige und ein mutmaßlicher Mittäter nach Großbritannien geflüchtet. Dort wurden sie im Oktober verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert. Weil sich beim zweiten Beschuldigten die Auslieferung verzögerte, wartet der 25-Jährige noch in Untersuchungshaft auf seinen Prozess. Nach einem Spurengutachten der Polizei wurden bei der Tat allerdings drei verschiedene Messer eingesetzt. Darum gehen die Ermittler von insgesamt drei Tätern aus.
Ursprünglich war der 29-Jährige wegen Mordes angeklagt. Koerner hatte aber bereits beim Auftakt des Prozesses gesagt, dass der Vorwurf auch auf Totschlag lauten könne. Mit dem Urteil entsprach die Strafkammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hatte nach Angaben der Gerichtspressestelle eine Strafe von maximal drei Jahren wegen Beteiligung an einer Schlägerei gefordert.
Strafverschärfend wertete das Gericht, dass der 29-Jährige sich bereits kurz nach seiner Einreise nach Deutschland im September 2023 in kriminelle Strukturen begeben und mit Drogen gehandelt habe. Zu der tödlichen Auseinandersetzung sei es nicht mal ein Jahr nach der Einreise gekommen. Ein Geständnis habe er nicht abgelegt. Die Tat sei an einem belebten Ort im öffentlichen Raum verübt worden. Man könne sich gar nicht mehr überall bewegen, ohne Angst zu haben, in eine Messerstecherei oder eine Schießerei verwickelt zu werden, sagte Koerner.